21.05.2012 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob Einwendungen des Schuldners nach erfolgter Abtretung nach § 16 BTVG eine Einschränkung erfahren

Alle Vereinbarungen, die der Bauträger mit dem Dritten geschlossen hat und die die Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche des Bauträgers aus mangelhafter Bauführung regeln, sind gegenüber dem Erwerber wirksam, soweit sie vor Bewirkung des Rechtsübergangs geschlossen wurden


Schlagworte: Bauträgervertragsrecht, Abtretung von Ansprüchen auf Grund mangelhafter Leistung, Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche, Dritte, Erwerber, Schuldner, Einwendungen, Aufrechnung, Werklohnforderung
Gesetze:

§ 16 BVTG, § 1395 ABGB, § 1396 ABGB, § 1052 ABGB

GZ 3 Ob 227/11w, 14.03.2012

 

OGH: Die Materialien zu § 16 BTVG halten fest:

 

„Wie schon mehrfach erwähnt, versucht der Entwurf va, das Risiko des Verlusts der vom Erwerber vorgestreckten Zahlungen zu minimieren. Eine umfassende und obligatorische Absicherung der Fertigstellung von im Bauträgermodell zu errichtenden Objekten wird aufgrund der damit verbundenen Verteuerungen nicht vorgesehen. Weiters beschränkt der Entwurf (wie schon zu § 13 ausgeführt) die Sicherungspflicht des Bauträgers auf die Vorauszahlungen; allfällige Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche sollen grundsätzlich nicht erfasst werden. § 16 BTVG sieht gleichsam als Ausnahme von diesen Grundsätzen zur Verbesserung der rechtlichen und wirtschaftlichen Position des Erwerbers einen Übergang von Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüchen des Bauträgers gegen Dritte aufgrund deren mangelhafter Leistung an den Erwerber vor. Dieser Übergang soll im Fall der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Bauträgers, aber auch in anderen Fällen, in denen die Durchsetzung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen gegen den Bauträger erschwert ist (etwa wenn der Konkurs mangels hinreichenden Vermögens nicht eröffnet wird), möglich sein. Der Forderungsübergang soll erst eintreten, wenn der Erwerber dies vom Bauträger, gegebenenfalls vom Masseverwalter, schriftlich verlangt. Dabei wird der Erwerber anzuführen haben, auf welche Mängel und Ansprüche sich sein Verlangen bezieht. Maßgebend ist das Einlangen eines solcher Art präzisierten Verlangens beim Bauträger bzw Masseverwalter.“

 

§ 16 BTVG verschafft dem Erwerber mit der Möglichkeit, die Abtretung der darin genannten Rechte zahlungshalber auch nach der Konkurseröffnung über das Vermögen des Bauträgers zu begehren, einen Vorteil. Während seine Ansprüche gegen den Bauträger an sich weitgehend wertlose Konkursforderungen wären, kann er sich aufgrund der in § 16 BTVG vorgesehenen Zession unmittelbar an die „Drittschuldner“ halten. Gewissermaßen durchbricht diese Bestimmung im Interesse eines verstärkten Schutzes des Erwerbers die Grundregel des § 3 Abs 1 KO (nun: IO) und damit auch den Grundsatz der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger.

 

Das Schrifttum versteht den Abtretungsanspruch des Bauträgers nach § 16 BTVG im Konkursverfahren daher als eine Art eines „zessionsrechtlichen Aussonderungsanspruchs“.

 

Der Anspruch des Erwerbers gegen den Bauträger auf Abtretung der Gewährleistungs- bzw Schadenersatzansprüche gegen Dritte aufgrund mangelhafter Leistung entsteht schon mit Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale des § 16 Satz 1 BTVG. Die Voraussetzung der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Bauträgers ist hier erfüllt.

 

Die in § 16 BTVG angeordnete notwendige Zession wird mit Zugang des auf die Abtretung gerichteten schriftlichen Verlangens des Erwerbers bewirkt; einer Mitwirkungshandlung des Bauträgers bedarf es nicht. Insoweit ist § 16 BTVG mit der in § 1422 ABGB geregelten - wenngleich anders motivierten - Forderungseinlösung vergleichbar.

 

Der letzte Halbsatz des § 16 BTVG („für den Dritten gelten die §§ 1395 und 1396 ABGB“) wird von Schrifttum und Lehre einhellig dahin verstanden, dass die Forderungen des Bauträgers gegen den Dritten auf den Erwerber exakt so übergehen, wie sie beim Bauträger bestanden haben. Insbesondere behält der Dritte gem § 1396 ABGB jene Einwendungen, die ihm bis zur Verständigung gegen den Bauträger entstanden sind.

 

Daraus folgt aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, dass alle Vereinbarungen, die der Bauträger mit dem Dritten geschlossen hat und die die Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche des Bauträgers aus mangelhafter Bauführung regeln, gegenüber dem Erwerber wirksam sind, soweit sie vor Bewirkung des Rechtsübergangs geschlossen wurden.

 

Richtig ist, dass § 16 BTVG daher nur unzulänglich in der Lage ist, den Erwerber im Insolvenzfall des Bauträgers zu schützen, weshalb in der Lehre darauf verwiesen wird, dass § 16 BTVG keinen nennenswerten Beitrag zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen des Erwerbers leistet. Die erst durch die BTVG-Novelle BGBl I 2008/56 neu eingefügte Bestimmung (§ 4 Abs 4 BTVG) über einen verpflichtenden Haftrücklass oder eine Haftgarantie zur Sicherung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen ist auf das Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten nicht anwendbar.

 

Die Kläger führen gegen diese mit dem klaren Wortlaut des § 16 BTVG im Einklang stehende Auslegung durch die hL ausschließlich Billigkeitserwägungen ins Treffen: Es könne nicht in der Absicht des Gesetzgebers liegen, den Schutz des Erwerbers bei Stellung eines Abtretungsverlangens nach § 16 BTVG dadurch vollständig auszuhöhlen, dass der Dritte dem Erwerber alle Einwendungen entgegenhalten könne, die bis zur Wirksamkeit der Abtretung gegen den Bauträger entstanden.

 

Dabei verkennen die Kläger allerdings, dass die gegenteilige Auslegung vom Dritten (im Anlassfall von der beklagten Partei als Generalunternehmerin), ein sachlich nicht zu rechtfertigendes „Sonderopfer“ verlangen würde: Der Dritte wäre nämlich in Ansehung seiner offenen Werklohnforderung für die bereits vor Konkurseröffnung an den Bauträger erbrachten Werkleistungen auf die Konkursquote verwiesen, müsste aber dem Erwerber ohne Aufrechnungsmöglichkeit und ohne Geltendmachung ihm sonst zustehender Rechtsbehelfe (Unsicherheitseinrede) Mängelbehebung bzw Mängelbehebungskosten in voller Höhe leisten.

 

Wie die Kläger letztlich in ihrem Rekurs selbst zugestehen, müssen sie daher einen allfälligen Verzicht der Bauträgerin auf Gewährleistungs- bzw Schadenersatzansprüche aus dem konkreten Bauvorhaben gegenüber der beklagten Partei iSd § 1396 ABGB akzeptieren, wenn dieser vor Wirksamkeit der Abtretung erfolgte.