OGH: Ideelle Vereine als Unternehmer iSd § 1 UGB?
Auch ideelle Vereine treten als Unternehmer iSd § 1 UGB auf, wenn sie wirtschaftlich relevante Tätigkeiten tatsächlich entfalten und hiefür auf Dauer organisatorisch eingerichtet sind; dabei schadet es nicht, dass die unternehmerische Tätigkeit dem (ideellen) Vereinszweck untergeordnet ist
§ 1 UGB, § 1 KSchG
GZ 3 Ob 34/12i, 18.04.2012
Der Kläger wendet sich gegen die von den Vorinstanzen angenommene Unternehmereigenschaft des Beklagten als gemeinnütziger Verein, indem er ein Auftreten auf einem Markt, das Bestehen einer auf Dauer angelegten Vertriebsorganisation und die Ausübung einer wirtschaftlich relevanten Tätigkeit bestreitet.
OGH: Der OGH hat bereits unter Hinweis auf die hA ausgesprochen, dass auch ideelle Vereine als Unternehmer iSd § 1 UGB auftreten, wenn sie wirtschaftlich relevante Tätigkeiten tatsächlich entfalten und hiefür auf Dauer organisatorisch eingerichtet sind; dabei schadet es nicht, dass die unternehmerische Tätigkeit dem (ideellen) Vereinszweck untergeordnet ist. Es bedarf daher der Prüfung der tatsächlichen Vereinstätigkeit zur Feststellung einer allfälligen Unternehmereigenschaft.
Für die Tätigkeit des Beklagten lässt sich den Feststellungen Folgendes entnehmen: Es stehen ihm seit 2002 im Nahbereich von Wien zumindest 30 Hangarplätze für Kleinflugzeuge zur Verfügung; damit verfügt der Beklagte am FHWS und am FHBV über einen nicht unwesentlichen Marktanteil an Plätzen für die Dauerhangarierung. Diese vergab er in wachsendem Ausmaß an ursprünglich Außenstehende (Nichtmitglieder) gegen (wenn auch günstiges) Entgelt, die dem Beklagten als außerordentliches Mitglied ohne Stimmrecht beitreten, erhöhte Mitgliedsbeiträge und auch (gegenüber den Gründungsmitgliedern) rund 20 % mehr an Einstellungskosten zahlen müssen.
Dass der Beklagte damit wirtschaftlich werthafte Leistungen auf einem offenen Markt mit weiteren Anbietern außerhalb des Vereins entgeltlich anbietet, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Die Größe des Markts ist dabei nicht von Bedeutung.
Da der Unternehmensbegriff des KSchG in das UGB weitgehend übernommen wurde, ist hier auch auf die zu § 1 KSchG ergangene Judikatur zur Unternehmereigenschaft bei vermietender Tätigkeit Bedacht zu nehmen; dieser ist das Anbieten des Abschlusses von Garagierungs-(Hangarierungs-)Verträgen nicht unähnlich, weil es in beiden Fällen (auch) um die Überlassung von Räumlichkeiten geht. Danach wird als Unternehmer iSd KSchG ein Bestandgeber anzusehen sein, wenn die Beschäftigung von dritten Personen (zB eines Hausbesorgers), das Vorliegen einer Mehrzahl dauernder Vertragspartner (Mehrzahl von Mietverträgen, die eine nach kaufmännischen Grundsätzen geführte Buchhaltung erfordert), und/oder längerfristige Vertragsbindungen bestehen und die Einschaltung von anderen Unternehmen oder Erfüllungsgehilfen erforderlich ist. Als annähernde Richtzahl für die Mehrzahl von Vertragspartnern wurde angenommen, dass der private Hauseigentümer (noch) als Verbraucher anzusehen sei, wenn in seinem Haus nicht mehr als fünf Mietgegenstände in Bestand gegeben werden. Allein deshalb, weil sich jemand keiner Hilfspersonen oder keines Erfüllungsgehilfen bedient, ist er aber nicht zwingend als Verbraucher anzusehen. Es sind jeweils die Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Der Organisationsbegriff beinhaltet nämlich objektive, subjektive und organisatorisch-funktionale Elemente, die im Einzelfall iSe beweglichen Systems mehr oder weniger ausgeprägt sein können.
Aus den Feststellungen ergibt sich folgende Betriebsorganisation beim Beklagten: Er verfügt zwar weder über ein Büro noch über Angestellte, wird aber durch ehrenamtlich arbeitende Vereinsfunktionäre auch am offenen Markt für Hangarplätze für Kleinflugzeuge (erfolgreich) tätig, wobei es um die wiederholte Vermarktung von etwa 30 Dauereinstellplätzen geht, die zuletzt überwiegend für (zunächst) Außenstehende offen waren. Sowohl zur (doppelten) Buchführung und Erstellung einer Abrechnung als auch zur Bilanzierung, aber auch zur Durchsetzung seiner Ansprüche bedient er sich gegen Entgelt arbeitender Dritter. Für die Garagierungsleistungen wird USt verrechnet und abgeführt. Wenn die Vorinstanzen im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung eine auf Dauer ausgerichtete Organisation bejahten, so wurde damit der Ermessensspielraum bei der vorzunehmenden Einzelfallbeurteilung schon im Hinblick auf die nicht unbeträchtliche Anzahl der angebotenen Einstellplätze und die durch den Umfang der wirtschaftlichen Tätigkeit notwendige Einschaltung Dritter (noch) nicht überschritten.
Den Feststellungen ist zu entnehmen, dass sich diese wirtschaftliche Tätigkeit wegen des kontinuierlichen Rückgangs der Anzahl der Gründungsmitglieder und der an diese vergebenen Hangarplätze zur überwiegenden Tätigkeit des Beklagten entwickelte, sodass für den Schwerpunkt der einheitlich im Anbieten von Hangarierungsplätzen bestehenden Gesamttätigkeit des Beklagten und daher auch insgesamt von seiner Unternehmereigenschaft iSd § 1 Abs 5 KSchG auszugehen ist.