21.05.2012 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung gem § 15h MSchG und vereinbarte Teilzeitbeschäftigung iSd § 15i MSchG

Maßgebend ist, ob die Teilzeitarbeit von der Dienstnehmerin deshalb begehrt wird, weil eine Vollzeitbeschäftigung nicht die erforderliche Zeit für die Kleinkindbetreuung zulassen würde, die gewünschte Teilzeit also der Betreuung des Kleinkindes dient; kommt diese Zweckbestimmung der begehrten Teilzeitarbeit zum Ausdruck und sind die relevanten Umstände dem Dienstgeber daher bekannt, so ist bei der gebotenen objektiven Betrachtung grundsätzlich der Schluss zu ziehen, dass eine Vereinbarung über Elternteilzeit iSd MSchG zustande gekommen ist


Schlagworte: Mutterschutzrecht, (vereinbarte) Teilzeitbeschäftigung, mündliche Vereinbarung, Auslegung
Gesetze:

§ 15h MSchG, § 15i MSchG, § 914 ABGB

GZ 8 ObA 15/12g, 28.02.2012

 

OGH: Gem § 15h Abs 1 MSchG hat die Dienstnehmerin einen Rechtsanspruch auf Teilzeitbeschäftigung längstens bis zum Ablauf des 7. Lebensjahres oder bis zu einem späteren Schuleintritt des Kindes, wenn das Dienstverhältnis zum Zeitpunkt des Antritts der Teilzeitbeschäftigung ununterbrochen drei Jahre gedauert hat und die Dienstnehmerin zu diesem Zeitpunkt in einem Betrieb mit mehr als 20 Dienstnehmern beschäftigt ist. Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der Teilzeitbeschäftigung sind mit dem Dienstgeber zu vereinbaren, wobei die betrieblichen Interessen und die Interessen der Dienstnehmerin zu berücksichtigen sind.

 

Neben diesem „großen Anspruch“ kennt das MSchG auch noch die (formfrei) vereinbarte Teilzeitbeschäftigung nach § 15i MSchG („kleiner Anspruch“), wenn die Dienstnehmerin entweder noch keine drei Dienstjahre zurückgelegt hat oder im Betrieb nicht mehr als 20 Dienstnehmer beschäftigt sind.

 

Im Anlassfall ist unstrittig, dass eine Vereinbarung über eine Teilzeitbeschäftigung im Anschluss an die freiwillige Karenzierung zustande gekommen ist. Fraglich ist nur, ob es sich um eine Vereinbarung von Elternteilzeit iSd MSchG handelt. Eine solche Elternteilzeit, die zu einem Kündigungsschutz führt, kann entweder nach § 15h MSchG (mit Rechtsanspruch), oder aber nach § 15i MSchG begründet werden.

 

Die Beklagte führt richtig aus, dass für die Auslegung der zugrunde liegenden Vereinbarung der objektive Erklärungswert der Willensäußerungen maßgebend ist. Der Zweck der Elternteilzeit besteht darin, der Dienstnehmerin ausreichende Zeit zur Kinderbetreuung zu gewähren. Dementsprechend ist nach der Rsp maßgebend, ob die Teilzeitarbeit von der Dienstnehmerin deshalb begehrt wird, weil eine Vollzeitbeschäftigung nicht die erforderliche Zeit für die Kleinkindbetreuung zulassen würde, die gewünschte Teilzeit also der Betreuung des Kleinkindes dient. Kommt diese Zweckbestimmung der begehrten Teilzeitarbeit zum Ausdruck und sind die relevanten Umstände dem Dienstgeber daher bekannt, so ist bei der gebotenen objektiven Betrachtung grundsätzlich der Schluss zu ziehen, dass eine Vereinbarung über Elternteilzeit iSd MSchG zustande gekommen ist.

 

Die Vertragsauslegung betrifft typisch den Einzelfall und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage. In dem von den Vorinstanzen erzielten Ergebnis, dass im Anlassfall eine Vereinbarung über eine Elternteilzeit iSd MSchG getroffen worden sei, kann eine unvertretbare Beurteilung nicht erblickt werden.

 

Auch zur Frage des „schriftlichen Verlangens“ von Elternteilzeit zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf. Nach der Rsp ist eine Schriftlichkeit dann nicht erforderlich, wenn sich der Dienstgeber auf ein mündliches Verlangen einlässt und mit der Dienstnehmerin zu einer Vereinbarung auf Elternteilzeit iSd MSchG gelangt. In der Entscheidung 9 ObA 80/07s wurde darauf hingewiesen, dass eine Teilzeitbeschäftigung nach § 15i MSchG formfrei zustande kommen könne.