OGH: Zwangsstrafen gem § 283 UGB
Im Zwangsstrafenverfahren nach § 283 UGB besteht kein Verschlechterungsverbot, weil das Verfahren von Amts wegen eingeleitet wird
§ 283 UGB, § 277 UGB
GZ 6 Ob 66/12t, 19.04.2012
OGH: Es ist Sache der Geschäftsführer, durch zweckentsprechende Organisationsmaßnahmen in ihrem Geschäftsbereich für eine rechtzeitige Erfüllung ihrer handelsrechtlichen Offenlegungspflichten zu sorgen. Für die Verhängung von Zwangsstrafen reicht leichte Fahrlässigkeit aus. Die Frage, ob der Geschäftsführer seiner diesbezüglichen Verpflichtung nachgekommen ist, insbesondere eingeschaltete Hilfspersonen ausreichend kontrolliert hat, lässt sich regelmäßig nur an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalls beantworten. Dass sich die Steuererklärung wegen fehlender Formulare verzögert, steht einer fristgerechten Offenlegung des Jahresabschlusses nach § 283 Abs 1 UGB nicht entgegen.
Im Zwangsstrafenverfahren nach § 283 UGB besteht kein Verschlechterungsverbot, weil das Verfahren von Amts wegen eingeleitet wird (§ 55 Abs 2 AußStrG). Zwangsstrafen nach § 283 UGB sind keine Strafen iSd Art 6 EMRK.
Die Ausgestaltung des Zwangsstrafenverfahrens durch das Budgetbegleitgesetz 2011 ist nach mittlerweile stRsp des OGH verfassungsrechtlich unbedenklich. Der OGH hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass gegen die Verfassungsgemäßheit der Umsetzung der Publizitätsrichtlinie EWG RL 68/151/EWG, der Bilanzrichtlinie EWG RL 78/660/EWG und der Änderungsrichtlinie zur Publizitätsrichtlinie EG-RL 2003/58/EG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen und § 283 UGB nicht gegen Unionsrecht verstößt.
Zu dem vom Rechtsmittelwerber zitierten Vorabentscheidungsersuchen des OLG Innsbruck hat der OGH bereits ausgesprochen, dass er dessen Bedenken nicht teilt und darin keinen Anlass für eine Unterbrechung von Verfahren sieht. Die Offenlegungsverpflichtung bildet auch nach Inkrafttreten der Grundrechte Charta keinen Verstoß gegen Unions-(Grund-)recht(e).