25.06.2012 Zivilrecht

OGH: Zur Abgrenzung zwischen Risikoausschluss und Obliegenheitsverletzung.

Bei der Unterscheidung kommt es auf den materiellen Inhalt einer Versicherungsbedingung an, nicht auf ihre äußere Erscheinungsform oder Wortwahl


Schlagworte: Versicherungsrecht, Risikoausschluss, Obliegenheitsverletzung, Abgrenzung
Gesetze:

§ 6 VersVG, § 15a VersVG

GZ 7 Ob 100/11y, 28.03.2012

 

OGH: Es besteht bereits umfangreiche Judikatur zur Frage, wie Obliegenheiten von Risikoausschlüssen zu unterscheiden sind. Dabei ist maßgebend, ob in erster Linie ein vom Versicherungsnehmer einzuhaltendes Verhalten bedungen werden soll oder ob der Versicherer von vornherein gewisse Tatsachen von seiner Haftung ausschließen will, die unmittelbar geeignet sind, zum Versicherungsfall zu führen und die gegenüber der allgemeinen Risikoumschreibung ein qualitativ abweichendes Risiko darstellen.

 

Mit einem Risikoausschluss begrenzt der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz. Diese Umstände kann der Versicherungsnehmer nicht durch ein späteres Verhalten beeinflussen oder kontrollieren. Demgegenüber stellt die von der Einhaltung einer Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer abhängig gemachte Deckungspflicht des Versicherers dem Versicherungsnehmer gegenüber auf das Gebot gewisser Handlungen und Unterlassungen ab, an deren Einhaltung der Versicherer ein legitimes Interesse hat. Bei der Unterscheidung kommt es auf den materiellen Inhalt einer Versicherungsbedingung an, nicht auf ihre äußere Erscheinungsform oder Wortwahl. Trotz Bezeichnung als Risikoausschluss kann eine sog verhüllte Obliegenheit vorliegen. Bei der Risikobegrenzung wird von Anfang an ein bestimmter Gefahrenumstand von der versicherten Gefahr ausgenommen, ohne dass es dabei auf ein schuldhaftes, pflichtwidriges Verhalten des Versicherungsnehmers ankäme. Obliegenheiten hingegen erfordern gewisse Verhaltensweisen des Versicherungsnehmers und bestimmte Rechtsfolgen nur für ihre willkürliche und schuldhafte Verletzung.

 

Nach diesen Grundsätzen kann die hier in Rede stehende Bestimmung, weil sie eine „Voraussetzung für die Gewährung der Deckung“ enthält, nur als Risikoausschluss qualifiziert werden.