02.07.2012 Zivilrecht

OGH: Zur Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft im Fall einer an sie erfolgten Abtretung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen iSd § 18 Abs 2 WEG 2002 idF WRN 2006

Die klagsweise Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen durch die Eigentümergemeinschaft iSd § 18 Abs 2 Satz 1 WEG 2002 idF WRN 2006 erfordert eine wirksame Abtretung dieser Ansprüche vom Wohnungseigentümer an die Eigentümergemeinschaft; die - auch schlüssig mögliche - Annahme der Abtretung hat durch den Vertreter der Eigentümergemeinschaft zu erfolgen; die wirksam zustandegekommene Zession bewirkt bereits im Außenverhältnis die Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft, ohne dass das Prozessgericht die über die Geltendmachung der abgetretenen Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche gegebenenfalls erfolgte interne Willensbildung der Eigentümergemeinschaft überprüfen müsste


Schlagworte: Wohnungseigentumsrecht, Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft, Abtretung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen
Gesetze:

§ 18 Abs 2 WEG 2002, § 1167 ABGB, §§ 922 ff ABGB, §§ 1295 ff ABGB, § 1392 ABGB, § 863 ABGB

GZ 5 Ob 71/12w, 12.06.2012

 

Unter dem Einwand mangelnder Aktivlegitimation macht die Beklagte geltend, dass die Erhebung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen wegen bestehender Mängel an allgemeinen Teilen der Liegenschaft durch den Erwerber einer Eigentumswohnung nach höchstgerichtlicher Rsp einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft über die Wahl des Gewährleistungsbehelfs erfordere. Der hier von der Eigentümergemeinschaft gefasste Beschluss decke jedoch die erhobene Klage nicht, komme doch darin nicht deutlich und explizit zum Ausdruck, ob Geld- oder Naturalersatz begehrt werden solle.

 

OGH: Nach § 18 Abs 2 Satz 1 WEG 2002 idF WRN 2006, BGBl I 2006/124, können die Wohnungseigentümer (ua) die Liegenschaft betreffende Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche der Eigentümergemeinschaft abtreten, wonach diese die Ansprüche erwirbt und in eigenem Namen geltend machen kann. Nach den Materialien handelt es sich bei der Regelung um „die Abtretungslösung in ihrer einfachsten Variante“, womit der Problematik der Abgrenzung der Legitimation der Eigentümergemeinschaft von jener der einzelnen Wohnungseigentümer, insbesondere bei Gewährleistungsansprüchen, die sich auf Mängel an allgemeinen Teilen der Liegenschaft beziehen, ihre rechtliche Wurzel aber in von den Wohnungseigentümern selbst geschlossenen Verträgen haben, begegnet werden sollte. Hiefür kommen va Ansprüche - wie hier - gegen den Bauträger in Betracht.

 

Die Klägerin hat nun behauptet, „verfahrensgegenständlich werden Schadenersatz-/ Gewährleistungsansprüche betreffend allgemeine Liegenschaftsteile geltend gemacht. Die Ansprüche wurden von einzelnen Wohnungseigentümern an die klagende Partei zediert (§ 18 Abs 2 WEG 2002)“. Die Beklagte hat dagegen eingewandt, es sei zwar richtig, „dass einzelne Miteigentümer Abtretungserklärungen an die klagende Partei unterfertigt haben, was jedoch nicht zur Aktivlegitimation der klagenden Partei führt. Nachdem die Abtretung ein Konsensualvertrag ist, bedarf diese auch der Annahme“. Die folgende Kontroverse im widerstreitenden erstinstanzlichen Parteienvorbringen konzentrierte sich dann auf die Frage, ob die Wirksamkeit der Abtretung (nur) einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft, so die Ansicht der Klägerin, oder Einstimmigkeit, so die Meinung der Beklagten, erfordere.

 

Der OGH hat bereits in seiner ebenfalls zu § 18 Abs 2 WEG 2002 (idF der WRN 2006) ergangenen Entscheidung 3 Ob 140/11a darauf hingewiesen, dass im Fall einer nach dieser Bestimmung zu beurteilenden Abtretung streng zwischen der Wirksamkeit der - die Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft nach außen begründenden - Abtretung einerseits und der allfälligen Notwendigkeit einer vom Verwalter zu veranlassenden Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft im Innenverhältnis andererseits zu unterscheiden sei. Der erkennende Senat teilt diese Ansicht, verlangt doch § 18 Abs 2 WEG 2002 für die Geltendmachung der dort genannten, ursprünglich den oder einzelnen Wohnungseigentümern zustehenden Ansprüchen durch die Eigentümergemeinschaft im eigenen Namen nur die rechtswirksame Vornahme ihrer Zession.

 

Die Abtretung (Zession) ist ein formloser Konsensualvertrag, dessen Zustandekommen die Erklärung der Forderungsübertragung durch den Altgläubiger und deren Annahme durch den Neugläubiger erfordert. Diese Anforderungen gelten auch für die Abtretung nach § 18 Abs 2 Satz 1 WEG 2002. Schon die Fragen welche Wohnungseigentümer welche Ansprüche mit welcher Erklärung an die Klägerin abgetreten haben sollen, lässt sich auf der Grundlage des vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalts nicht beurteilen, weil dazu jegliche Feststellungen fehlen. Bereits aus diesem Grund ist eine Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens unumgänglich.

 

Dem festgestellten Sachverhalt kann auch nicht entnommen werden, ob und gegebenenfalls wie die Abtretung von Ansprüchen durch die Klägerin angenommen worden sein soll. Soweit sich dazu die Parteien und die Vorinstanzen auf den Beschluss der Eigentümergemeinschaft beziehen, unterscheiden sie nicht zwischen deren interner Willensbildung (Beschluss) und deren Vertretung nach außen. Die Eigentümergemeinschaft wird, wenn - wie hier - ein Verwalter bestellt ist, gem § 18 Abs 3 Z 1 lit a WEG 2002 durch diesen Verwalter vertreten. Die - freilich gem § 863 ABGB auch schlüssig mögliche - Annahme der Abtretungen oblag demnach der die Eigentümergemeinschaft vertretenden Verwalterin. Wie dies gegebenenfalls geschehen ist, wird im fortgesetzten Verfahren ebenfalls noch zu erörtern und festzustellen sein.

 

Die von den Vorinstanzen und den Parteien erörterte Frage der Anforderungen an eine Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft ist für deren interne Willensbildung iZm der beabsichtigten Klagsführung und einer allfälligen Verantwortlichkeit der Verwalterin im Hinblick auf die Gestion ihrer Außenvertretung relevant, spielt aber für die Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft zur Geltendmachung der hier in Rede stehenden Ansprüche keine Rolle. Jene - von der Beklagten angesprochene – Rsp, wonach bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen wegen Mängel allgemeiner Teile des Hauses ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft insbesondere betreffend die Wahl des Gewährleistungsbehelfs erforderlich sei, betrifft den - hier nicht vorliegenden - Fall der Klagsführung des Erwerbers einer Eigentumswohnung. Die Beschlussfassung in solchen Fällen soll vorweg ausschließen, dass durch die Rechtsverfolgung des einzelnen Wohnungseigentümers Gemeinschaftsinteressen beeinträchtigt werden (5 Ob 296/00s). Eine solche Situation möglicher Gefährdung von Gemeinschaftsinteressen durch die Klage eines Wohnungseigentümers kann hier aber schon deshalb nicht vorliegen, weil es nach Anspruchsabtretung ohnehin der Eigentümergemeinschaft offensteht, ob und welche gegebenenfalls abgetretenen Ansprüche sie geltend machen will. Eine zusätzliche Überprüfung der dazu getroffenen internen Willensbildung der Eigentümergemeinschaft als Voraussetzung für deren Aktivlegitimation zur Geltendmachung nach § 18 Abs 2 WEG 2002 abgetretener Ansprüche ist daher in der vorliegenden Konstellation nicht erforderlich.