VwGH: Notlage gem § 2 NotstandshilfeV (iZm behaupteter getrennter Haushaltsführung von Gatten)
Die Behörde ist berechtigt, vom Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes dann weiterhin auszugehen, wenn sie die gegenteiligen Behauptungen der Partei unter Berücksichtigung der Ermittlungsergebnisse für unglaubwürdig erachtet und die von der Behörde dazu in der Begründung des Bescheides angestellten Überlegungen einer Schlüssigkeitsprüfung standhalten
§ 33 AlVG, § 36 AlVG, § 2 NotstandshilfeV, §§ 37 ff AVG
GZ 2011/08/0326, 02.05.2012
VwGH: Der in § 2 Abs 2 NotstandshilfeV (iVm § 36 Abs 2 AlVG) angeordneten Berücksichtigung des Einkommens des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners liegt offenbar die Annahme zu Grunde, dass dieser wegen der Lebens- (Wohn-) Gemeinschaft auch zum gemeinsamen Wirtschaften zumindest zum Teil beiträgt. Gem § 90 ABGB sind die Ehegatten einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft sowie (ua) auch zum gemeinsamen Wohnen verpflichtet. Von diesem (typischen) Bild einer aufrechten Ehe darf die Behörde auch im Verwaltungsverfahren nach dem AlVG grundsätzlich ausgehen, solange nicht die Parteien eine davon abweichende Lebensführung behaupten und die erforderlichen Beweismittel benennen oder beibringen. Anders würde nämlich bei Fragen aus dem persönlichen Lebensbereich, wie jener nach der gemeinsamen oder getrennten Haushaltsführung von Gatten, die Behörde gar nicht in der Lage sein, von sich aus eine zweckentsprechende Ermittlungstätigkeit zu entfalten. Die Behörde ist daher berechtigt, vom Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes dann weiterhin auszugehen, wenn sie die gegenteiligen Behauptungen der Partei unter Berücksichtigung der Ermittlungsergebnisse für unglaubwürdig erachtet und die von der Behörde dazu in der Begründung des Bescheides angestellten Überlegungen einer Schlüssigkeitsprüfung standhalten.
Der Bf hat in seiner Berufung (vom 11. April 2011) vorgebracht, dass ihm der erstinstanzliche Bescheid "von (seiner) Ehegattin am … übermittelt" worden sei; zu seiner familiären Situation führte er "wie dem AMS schon mehrmals mitgeteilt" aus, von seiner Ehegattin A getrennt zu leben; sie lebe in der S-gasse (in W), wo er Hauptmieter sei und welche Adresse als Zustelladresse fungiere, "im Gegenzug dazu überläßt sie (ihm) ihr kleines Haus in (B)".
Die belangte Behörde hat dazu in ihrer Bescheidbegründung lediglich ausgeführt, dass der Bf in den Anträgen, die er zum Bezug der gegenständlichen Leistungen eigenhändig unterschrieben gestellt habe, jeweils die angeführte Adresse (gemeint wohl: S-gasse in W) als Wohnadresse von ihm und seiner Gattin angegeben habe. Allein damit vermag die belangte Behörde aber nicht nachvollziehbar darzutun, aus welchen Gründen sie angesichts der aus Mai und November 2007 bzw November 2008 stammenden Leistungsanträge dem Vorbringen des Bf hinsichtlich einer (zwischenzeitigen?) Aufgabe des gemeinsamen Wohnsitzes nicht folgt bzw seine Darstellung als unglaubwürdig betrachtet und davon ausgeht, dass der Bf im (gesamten) entscheidungswesentlichen Zeitraum mit seiner Ehegattin in einem gemeinsamen Haushalt gewohnt hat (und deshalb ihr Einkommen auf seinen Notstandshilfeanspruch anzurechnen gewesen ist). Ebensowenig hat die belangte Behörde dargetan, dass der Bf den gemeinsamen Wohnsitz, allenfalls zur Vermeidung der Einkommensanrechnung aufgegeben hat (§ 2 Abs 2 letzter Satz NHV).