09.07.2012 Zivilrecht

OGH: Mietrecht im Todesfall – zum dringenden Wohnbedürfnis eines Eintrittswerbers iSd § 14 Abs 3 MRG

Verfügt ein Eintrittswerber über eine eigene Wohnung, die er früher bewohnt hat, wird auf die unbedingte Notwendigkeit abgestellt, den beim Tod des Mieters gegebenen Zustand zu belassen; soll er auf eine andere Wohnung verwiesen werden, muss es sich um eine ausreichende und gleichartige Wohnmöglichkeit handeln


Schlagworte: Mietrecht, Todesfall, Eintritt, dringendes Wohnbedürfnis
Gesetze:

§ 14 MRG

GZ 5 Ob 89/12t, 12.06.2012

 

OGH: In der jüngeren höchstgerichtlichen Rsp wird das dringende Wohnbedürfnis eines Eintrittswerbers iSe schutzwürdigen Interesses verstanden und nur dann verneint, wenn ihm eine andere ausreichende und angemessene sowie rechtlich gleichwertige Unterkunftsmöglichkeit zur Verfügung steht, wobei immer auf die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls unter Einschluss sowohl der rechtlichen als auch der tatsächlichen Verhältnisse abgestellt wird. Verfügt ein Eintrittswerber über eine eigene Wohnung, die er früher bewohnt hat, wird auf die unbedingte Notwendigkeit abgestellt, den beim Tod des Mieters gegebenen Zustand zu belassen. Soll er auf eine andere Wohnung verwiesen werden, muss es sich um eine ausreichende und gleichartige Wohnmöglichkeit handeln.

 

Im vorliegenden Fall kann davon ausgegangen werden, dass Mutter und Tochter in der aufgekündigten Wohnung der Mutter durch Jahrzehnte bis zum Tod der Mutter einen gemeinsamen Haushalt führten. Der Tochter und nunmehrigen Eintrittswerberin stehen allerdings Mietrechte an der unmittelbar daneben liegenden, gleich großen und im Wesentlichen gleich ausgestatteten Wohnung zu, die über 36 m² Wohnfläche verfügt, die sie bisher auch zu Wohnzwecken verwendete.

 

Die Vorinstanzen verneinten bei dieser Sachlage ein dringendes Wohnbedürfnis, weil der Beklagten eine nicht nur rechtlich gleichwertige, sondern auch ausreichende und angemessene Wohnmöglichkeit zur Verfügung steht.

 

Diese Beurteilung hält sich im Rahmen dazu ergangener Rsp, wonach Gleichwertigkeit der Wohnverhältnisse etwa verneint wurde, wenn nur ein 15 m² großer Einzelraum ohne WC, Kochmöglichkeit, Wasser oder Kaminanschluss zur Verfügung stand, ein 30 m² großes Lager- und Abstellobjekt oder Mitmietrechte an einer erheblich kleineren Wohnung der Ausstattungskategorie D gegenüber einer bisher benützten 160 m² großen Wohnung der Kategorie A.

 

Es trifft zwar zu, dass von der Rsp auch ein gemeinschaftlicher Haushalt in zwei nur faktisch verbundenen, nebeneinander liegenden Wohnungen als nicht ausgeschlossen angesehen wurde, doch lässt der hier zu beurteilende Sachverhalt eine solche Beurteilung nicht zu, weil die Mietwohnung, auf die die Beklagte nach der angefochtenen Entscheidung verwiesen wird, stets von ihr allein benützt wurde.