16.07.2012 Verfahrensrecht

OGH: Bewilligung der Unterlassungsexekution gem § 355 EO

Nur wenn der Verpflichtete bestreitet, dass der behauptete Sachverhalt rechtlich ein Zuwiderhandeln gegen das titelmäßige Duldungs- oder Unterlassungsgebot bildet, steht ihm dafür der Rekurs zur Verfügung


Schlagworte: Exekutionsrecht, Erwirkung von Duldungen und Unterlassungen, Geldstrafe, Bewilligung, Rekurs, Oppositionsklage
Gesetze:

§ 355 EO, § 7 EO, § 35 EO

GZ 3 Ob 75/12v, 14.06.2012

 

OGH: Bei der Bewilligung der Unterlassungsexekution gem § 355 EO gilt der Grundsatz, dass es für die Frage, ob die Exekution zu bewilligen ist oder ob Strafen zu verhängen sind, nicht darauf ankommt, was der Verpflichtete nach dem Gesetz, sondern darauf was er nach dem Exekutionstitel zu unterlassen hat. Nur wenn der Exekutionstitel im Wesentlichen mit dem Wortlaut des Gesetzes übereinstimmt, kann die gesetzliche Bestimmung zu seiner Auslegung herangezogen werden. Dass der Wortlaut des den Exekutionstitel bildenden Vergleichs die behaupteten Titelverstöße deckt, ist hier nicht strittig.

 

Die Verpflichtete wendet vielmehr ein, die die „Geschäftsgrundlage“ des Vergleichs bildende Rechtslage habe sich zwischenzeitig geändert, weshalb der Exekutionstitel (zur Gänze) obsolet geworden wäre. Die Auffassung des Rekursgerichts, diese Einwendungen könnten nicht mit Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung/die Strafbeschlüsse geltend gemacht werden, sondern allenfalls mit Oppositionsklage, steht nicht im Widerspruch zur Rsp des OGH. Nur wenn der Verpflichtete bestreitet, dass der behauptete Sachverhalt rechtlich ein Zuwiderhandeln gegen das titelmäßige Duldungs- oder Unterlassungsgebot bildet, steht ihm dafür der Rekurs zur Verfügung. Von welcher Vergleichsgrundlage die Parteien bei Abschluss des nunmehr dem Exekutionstitel bildenden Vergleichs ausgegangen sind, ergibt sich aber nicht aus dem Exekutionstitel selbst. Wenn die Verpflichtete auf die Aussagen des erkennenden Senats zu 3 Ob 78/95 Bezug nimmt, ist darauf zu verweisen, dass dort über eine von der Verpflichteten erhobene Impugnationsklage entschieden wurde. Zu beachten ist überdies, dass die von der Verpflichteten ins Treffen geführte „Änderung der Rechtslage“ (Ausspruch über die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit eines allgemeinen Zugabenverbots durch den EuGH) nicht dazu führt, dass der den Exekutionstitel bildende Vergleich zur Gänze obsolet werden könnte, sondern lediglich auf jene Zugabenverstöße zu beschränken ist, welche im Einzelfall eine irreführende, aggressive oder sonst unlautere Geschäftspraxis bilden, sofern in ergänzender Vertragsauslegung anzunehmen ist, dass die Änderung der Rechtslage nach dem hypothetischen Willen der Parteien berücksichtigt werden sollte.