30.07.2012 Verfahrensrecht

OGH: Änderung der Abgabestelle gem § 8 ZustG

Die bisherige Abgabestelle wird auch dann geändert, wenn die Partei an ihr während eines zumindest unverhältnismäßig längeren Zeitraums nicht mehr anzutreffen ist; dabei ist auch die Vorhersehbarkeit der Zustellung während dieses Zeitraums zu berücksichtigen


Schlagworte: Zustellrecht, Änderung der Abgabestelle, Zustellung durch Hinterlegung, unverhältnismäßig lange Abwesenheit
Gesetze:

§ 8 ZustG

GZ 8 Ob 15/12g, 30.05.2012

 

OGH: Ändert eine Partei während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, die Abgabestelle, ohne dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen, so ist gem § 8 Abs 2 ZustG die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorangehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten ermittelt werden kann. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten lagen die Voraussetzungen für die Zustellung der Berufung durch Hinterlegung gem § 8 Abs 2 ZustG hier vor.

 

Die bisherige Abgabestelle wird nach der Rsp auch dann geändert, wenn die Partei an ihr während eines zumindest unverhältnismäßig längeren Zeitraums nicht mehr anzutreffen ist. Dabei ist auch die Vorhersehbarkeit der Zustellung während dieses Zeitraums zu berücksichtigen. Der OGH hat bereits ausgesprochen, dass eine Abwesenheit von fünf Monaten bzw rund einem halben Jahr als unverhältnismäßig lang und daher als Änderung der bisherigen Abgabestelle anzusehen ist, sodass Zustellungen gem § 8 Abs 2 ZustG zulässig sind. § 8 ZustG will jede Behinderung der Zustellung, die der Empfänger dadurch verantwortet, dass er Zustellungen an der bisherigen Abgabestelle durch sein Verhalten unmöglich macht, verhindern. Geht man von der dem Beklagten bekannten Lage des Verfahrens und insbesondere dem Umstand aus, dass er mit der Zustellung des Ersturteils rechnen musste, so kann keine Rede davon sein, dass er während der Zeit von - abgesehen von einer geringfügigen Unterbrechung - rund 5 ½ Monaten bloß vorübergehend oder kurzfristig abwesend gewesen wäre.