OGH: § 355 ZPO – Ablehnung wegen Befangenheit eines Sachverständigen
Wurde die Ablehnung des Richters in erster Instanz zurückgewiesen und dieser Beschluss vom Rekursgericht bestätigt, so ist gegen dessen Entscheidung ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig; dieser Rechtsmittelausschluss gilt auch für "außerordentliche" Revisionsrekurse; Anderes würde nur gelten, wenn das Gericht zweiter Instanz eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung gerichteten Rechtsmittels aus formellen Gründen abgelehnt hätte
§ 355 ZPO, §§ 19 ff ZPO, § 24 JN
GZ 10 ObS 91/12y, 26.06.2012
OGH: Sachverständige können aus denselben Gründen abgelehnt werden, welche zur Ablehnung eines Richters berechtigen (§ 355 Abs 1 ZPO). Über die Ablehnung wird ohne mündliche Verhandlung von jenem Richter mit Beschluss entschieden, bei dem der Ablehnungsantrag zulässigerweise eingebracht wurde (§ 355 Abs 2 und 3 iVm § 24 Abs 1 JN). Dass das Erstgericht statt mit Beschluss mit Urteil über den Ablehnungsantrag entschieden hat, beeinflusst aber weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des Rechtsmittels. Gem § 366 Abs 1 ZPO konnte die Klägerin daher ihre Beschwerde gegen die Entscheidung des Erstgerichts über die Verwerfung des Ablehnungsantrags mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung eingebrachten Rechtsmittel zur Geltung bringen. Dieses Rechtsmittel bleibt in jedem Fall ein Rekurs, auch wenn es mit einer Berufung einzubringen ist. Wenngleich die Klägerin den (vorbehaltenen) Rekurs nicht förmlich erhoben, sondern als besonderen Beschwerdepunkt in der Berufung ausgeführt hat, bleibt im vorliegenden Zusammenhang nur wesentlich, dass das Berufungsgericht das Vorbringen zu den behaupteten Befangenheitsgründen inhaltlich geprüft und eine Befangenheit des Sachverständigen als nicht gegeben erachtet hat. Nach völlig einhelliger Rsp ist § 24 Abs 2 JN, der auch in arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden ist, so auszulegen, dass gegen die bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz, mit der eine inhaltliche Prüfung der geltend gemachten Ablehnungsgründe erfolgte, kein weiteres Rechtsmittel zulässig ist.
Auch in Sachverständige betreffenden Ablehnungssachen ist der Rechtszug in § 24 Abs 2 JN abschließend geregelt. Dieser Rechtsmittelausschluss trifft auch auf „außerordentliche“ Revisionsrekurse zu. Anderes würde nur gelten, wenn das Gericht zweiter Instanz eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung gerichteten Rechtsmittels aus formellen Gründen abgelehnt hätte. Dies ist hier aber nicht der Fall.
Dass sich das Berufungsgericht nach Ansicht der Revisionswerberin nicht eingehend genug mit den vorgebrachten Ablehnungsgründen befasst haben soll, weswegen es den Ablehnungsantrag als nicht berechtigt erachtet und die Beauftragung eines weiteren Sachverständigen unterlassen habe, vermag keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens zu begründen.