OGH: § 234 ABGB – Vermögensverwaltung für Pflegebefohlene
§ 234 ABGB ist nicht auf die Eltern ehelicher Kinder anzuwenden
§ 234 ABGB
GZ 2 Ob 3/12y, 28.06.2012
OGH: Nach der durch das KindRÄG 2001 BGBl I 2001/135 neu gefassten Bestimmung des § 234 ABGB, auf die sich der Beklagte beruft, kann der gesetzliche Vertreter 10.000 EUR übersteigende Zahlungen an das minderjährige Kind nur entgegennehmen und darüber quittieren, wenn er dazu vom Gericht im Einzelfall oder allgemein ermächtigt wurde. Fehlt eine solche Ermächtigung, so wird der Schuldner durch Zahlung an den Vertreter von seiner Schuld nur befreit, wenn das Gezahlte noch im Vermögen des minderjährigen Kindes vorhanden ist oder für seine Zwecke verwendet wurde.
Nach der Regierungsvorlage war es eines der Ziele der Reform, die Vermögensverwaltung für Pflegebefohlene zu modernisieren, indem der obrigkeitliche Ansatz des bis dahin geltenden Rechts einer umfassenden pflegschaftsgerichtlichen Fürsorgepflicht auf eine Aufsichtspflicht zurückgeführt werden und das Pflegschaftsgericht im vermögensrechtlichen Bereich der Eltern-Kind-Beziehung nicht mehr „Oberaufseher“ sein sollte.
Nach der hL ist diese Bestimmung nicht auf die Eltern ehelicher Kinder anzuwenden. Lediglich Weitzenböck und ihm folgend 7 Ob 24/08t gehen davon aus, dass die Verweisung des § 149 Abs 1 ABGB auf die Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld auch jene auf § 234 ABGB umfasse.
Dem kann sich der erkennende Senat nicht anschließen:
Rein formal ist § 234 ABGB im vierten Hauptstück des ersten Teils des ABGB situiert, der von der Obsorge anderer Personen als der Eltern, Großeltern oder Pflegeeltern handelt. Dagegen finden sich die Normen über die Rechte zwischen Eltern und Kindern in einem eigenen, nämlich dem dritten Hauptstück des Gesetzes, das, was die Vermögensverwaltung und die Vertretung in Vermögensangelegenheiten durch die Eltern betrifft, eigene Vorschriften enthält (vgl insb §§ 149, 150 und 154 ABGB).
§ 149 Abs 1 ABGB verweist nun im Rahmen der Vermögensverwaltung der Eltern darauf, dass Geld nach den Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld anzulegen ist, ohne auf bestimmte Paragrafen Bezug zu nehmen.
Betrachtet man aber die die Anlegung von Mündelgeld regelnden Normen der §§ 230 ff ABGB näher, so befassen sich nur die §§ 230 bis 230e ABGB tatsächlich inhaltlich mit dem Mündelgeld.
Bereits § 231 ABGB enthält Regelungen über das sonstige bewegliche Vermögen des minderjährigen Kindes und § 232 ABGB solche über sein unbewegliches Vermögen. Bei diesen Bestimmungen kommt selbst Weitzenböck zu dem Ergebnis, dass die dort vorgesehenen gerichtlichen Genehmigungen im Rahmen der Verwertung für Eltern im ordentlichen Wirtschaftsbetrieb iSd § 154 ABGB nicht gelten.
Der erkennende Senat ist daher der Auffassung, dass die Verweisung des § 149 Abs 1 ABGB auf die Bestimmungen über die Anlegung von Mündelgeld nur jene Bestimmungen betrifft, die sich tatsächlich mit der Anlegung von Mündelgeld befassen, und daher nicht auch § 234 ABGB umfasst. Abgesehen davon ist die Entgegennahme eines Geldbetrags und Quittierung darüber keine Anlegung. Eine solche mag allenfalls nach der Annahme des Geldes notwendig werden.