20.08.2012 Verfahrensrecht

OGH: Spenden für (verstorbenes) krebskrankes Kind – Aufnahme in das Inventar?

Voraussetzung für eine Aufnahme in das Inventar ist der Besitz am Todestag des Erblassers; worin der Auftrag der Spender nach dem Ableben des Kindes besteht, hat der Treuhänder zu beurteilen


Schlagworte: Außerstreitverfahren, Erbrecht, Inventar, Besitz, Treuhand, Auftrag der Spender
Gesetze:

§ 165 AußStrG, § 166 AußStrG, §§ 1002 ff ABGB

GZ 6 Ob 78/12g, 24.05.2012

 

Der Einschreiter Dr. E, Rechtsanwalt in L, eröffnete bei einer Bank das Anderkonto „Hilfsaktion A, das er auch verwaltet. Das Anderkonto weist einen Guthabensaldo von rund 30.000 EUR auf. Dieses Geld stammt von verschiedenen Personen, die Zeitungsaufrufen gefolgt waren, für ein „Prinzessinnenfest“ für die im Alter von fünfeinhalb Jahren verstorbene A zu spenden, die im Zeitpunkt der Zeitungsaufrufe bereits an einem unheilbaren Gehirntumor litt. Zu diesem Fest kam es aufgrund des Gesundheitszustands der Verstorbenen jedoch nicht mehr.

 

Das Erstgericht sperrte über Anregung der Eltern der Verstorbenen gem § 147 AußStrG das Anderkonto mit der Begründung, es sei derzeit nicht geklärt, ob dieses in den Nachlass falle und die Gefahr bestehe, dass dieses Vermögen der Verlassenschaftsabhandlung entzogen wird. Die Eltern erheben Ansprüche auf dieses Geld, der Einschreiter vertritt die Auffassung, es sei nicht Wille der Spender gewesen, dass das Geld den Eltern zukommen solle.

 

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss ersatzlos auf und ließ den Revisionsrekurs zu; es liege keine neuere Rsp zur Frage vor, wie die Rechtsverhältnisse an aufgrund eines Spendenaufrufs zustande gekommenen Vermögen zu beurteilen seien. In der Sache selbst vertrat es die Auffassung, der Einschreiter sei Treuhänder der Spender, die gespendeten Gelder seien noch nicht in das Eigentum oder die Verfügungsmacht As übergegangen. Damit gehörten sie jedoch nicht zu deren Nachlassvermögen, sodass eine Sperre unzulässig sei.

 

OGH: Der Einschreiter ist nicht Empfänger des sich aus Spenden zusammensetzenden Guthabens auf dem von ihm eröffneten, mit „Hilfsaktion A“ bezeichneten Konto; es liegt also jedenfalls keine ihm zugewendete Schenkung vor. Es kann aber - mangels eines dafür geeigneten Besitzübereignungsakts - auch nicht von einer Geldschenkung der Spender an die aus der Sammlung begünstigte A gesprochen werden. Vielmehr ist der Einschreiter uneigennütziger Treuhänder des Guthabens, welches er widmungsgemäß - im Auftrag der Spender - zu verwenden hat. Bei einem offenen (Vollrechts-)Treuhandkonto wird der Bank gegenüber offen gelegt, dass der Treugeber als Kontoinhaber zwar formell Rechtsinhaber ist und als solcher allein verfügen kann, es wirtschaftlich gesehen aber um fremdes Vermögen geht, das der Treuhänder nur gem der Treuhandabrede verwenden darf. Bei einem solchen Konto ist also ausschließlich der Treuhänder gegenüber der Bank berechtigt und verpflichtet, während die Bank mit dem Treugeber in keiner das Konto betreffenden Vertragsbeziehung steht.

 

Aus diesen Überlegungen folgt zum einen, dass dem Einschreiter, der das Anderkonto bei der Bank eröffnet hatte, tatsächlich Rekurslegitimation gegen die vom Erstgericht angeordnete Sperre zukam. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass A noch zu Lebzeiten (Mit-)Besitzerin des Kontos gewesen wäre; gerade dies wäre aber Voraussetzung für eine Aufnahme des Guthabens in das Inventar.

 

Zum dritten ist davon auszugehen, dass der Auftrag der Spender - zu Lebzeiten von A - dahin zu verstehen war, die gespendeten Geldbeträge zu ihrem endgültigen (Vermögens-)Vorteil zu verwenden. Worin der Auftrag nach dem Ableben von A besteht, hat der Einschreiter zu beurteilen; „Vorteil“ kann dabei nach Auffassung des erkennenden Senats nunmehr aber auch in einem übertragenen Sinn verstanden werden, wobei etwa an eine Einrichtung oder Institution zu denken wäre, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, krebskranken Kindern ihre letzten Tage durch persönliche Betreuung oder dergleichen „erträglicher“ zu machen.