OGH: § 1325 ABGB – Bemessung des Schmerzengeldes (iZm Beeinträchtigung des Sehvermögens)
Allgemeine Ausführungen
§§ 1295 ff ABGB, § 1325 ABGB
GZ 2 Ob 55/12w, 28.06.2012
OGH: Die Vorinstanzen haben (nur) die Schmerzen, die der Kläger im Hinblick auf die Zerrung der Wirbelsäule, die Augenverletzung und die organische Persönlichkeitsstörung (bereits) erlitten hat, festgestellt. Zukünftig absehbare Schmerzperioden wurden dagegen nicht festgestellt.
Wie bereits die Revision darlegt, wurde in 4 Ob 35/05m bei einer geringeren Beeinträchtigung des Sehvermögens, ebenfalls verbunden mit einem neurologisch-psychiatrischen Beschwerdebild und einer Einschränkung der Lebensfreude bereits 2005 ein vorinstanzlicher Zuspruch von 30.000 EUR nicht beanstandet.
In jüngster Zeit wurden in 3 Ob 128/11m, bei einem in der 28. Schwangerschaftswoche geborenen Baby, das eine Netzhautablösung erlitt, die zu einer starken Beeinträchtigung des Sehvermögens des Kindes führte, ohne Feststellung von Schmerzperioden 150.000 EUR zuerkannt.
Darüber hinaus finden sich in der (dort zitierten) Judikatur des OGH Schmerzengeldentscheidungen iZm der Beeinträchtigung des Sehvermögens älteren Datums:
So wurde in 2 Ob 59/84 einer 17-jährigen, die praktisch erblindet war und darüber hinaus den Geruchs- und Geschmackssinn verloren hatte, aufgewertet auf November 2010 106.000 EUR zugesprochen, in 2 Ob 14/86 einem 24-jährigen, dem auf einem Auge ein 10%iges Sehvermögen verblieb, ebenso aufgewertet 87.000 EUR.
Im vorliegenden Fall sind die Vorinstanzen - im Gegensatz zum Fall der Entscheidung 2 Ob 35/10a, wo eine Beeinträchtigung des Sehvermögens nach einem Auffahrunfall nicht als erwiesen angenommen werden konnte - zum Ergebnis gelangt, dass die Beeinträchtigung des Sehvermögens kausal durch den Unfall verursacht wurde.
Davon ausgehend ist die massive Beeinträchtigung des Sehvermögens beider Augen von insgesamt 90 % als so gravierend anzusehen, dass mit einem Schmerzengeldzuspruch in etwa im Bereich der Entscheidung 2 Ob 14/86 vorzugehen ist. Der Zuspruch der Vorinstanzen weicht davon krass nach unten ab, sodass dies im Einzelfall aufzugreifen und entsprechend dem Revisionsantrag das Schmerzengeld des Klägers mit weiteren 35.000 EUR (zuzüglich 32.000 EUR Zuspruch der Vorinstanzen somit 67.000 EUR und unter Berücksichtigung der vorprozessualen Zahlung von 8.000 EUR daher insgesamt 75.000 EUR) zu bemessen war.