OGH: Fahren bei Dunkelheit mit Abblendlicht auf Autobahn
Wird die Fahrbahn durch vorausfahrende und entgegenkommende Fahrzeuge entsprechend ausgehellt, wird das Gebot des Fahrens auf Sicht nicht verletzt
§§ 1295 ff ABGB, § 1304 ABGB, § 20 StVO
GZ 2 Ob 85/11f, 28.06.2012
OGH: Fährt ein Kraftfahrer bei Dunkelheit mit Abblendlicht, dann hat er, soweit nicht besondere Umstände die Sicht über die vom Abblendlicht erleuchtete Strecke hinaus ermöglichen, grundsätzlich mit einer Geschwindigkeit zu fahren, die ihm das Anhalten seines Fahrzeugs innerhalb der Reichweite des Abblendlichts gestattet. Wird die Fahrbahn durch vorausfahrende und entgegenkommende Fahrzeuge entsprechend ausgehellt, wird das Gebot des Fahrens auf Sicht nicht verletzt.
Die Vorinstanzen gingen in Übereinstimmung mit dieser Rsp davon aus, dass dem Kläger trotz Einhaltung einer 100 km/h überschreitenden Geschwindigkeit eine Verletzung des § 20 Abs 1 StVO nicht vorgeworfen werden könne, weil nach den getroffenen Feststellungen die Ausleuchtung der von ihm befahrenen Richtungsfahrbahn durch vorausfahrende Fahrzeuge gegeben war. Die in der Revision des Erstbeklagten angestellten Überlegungen zur Beweislast des eine Schutznorm übertretenden Kraftfahrers können daher als nicht entscheidungserheblich auf sich beruhen.
Die Behauptung, es sei „vollkommen klar“, dass der Kläger das Jungrind übersehen habe, geht abermals nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Das Erstgericht vermochte nämlich nicht festzustellen, ob der Kläger bei gehöriger Aufmerksamkeit das Jungrind hätte erkennen können, ehe dieses „plötzlich“ in den von ihm befahrenen Fahrstreifen trat.
Mit seinen Argumenten zum vermeintlichen (Mit-)Verschulden des Klägers zeigt der Erstbeklagte demnach keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.