OGH: Zur Anlageberaterhaftung
Stellt der Anlageberater ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform hin und veranlasst er dadurch den Anleger zum Abschluss eines solchen Geschäfts, dann haftet er für die fehlerhafte Beratung selbst dann, wenn auch er von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt gewesen sein sollte, weil er ein solches Geschäft nicht ohne weiteres als sichere Anlageform anpreisen darf
§§ 1295 ff ABGB
GZ 3 Ob 49/12w, 14.06.2012
OGH: Wesentlich ist, dass der Berater der Beklagten dem Kläger ein an sich hoch riskantes Produkt als mit relativ geringem Risiko behaftet dargestellt hat. Der Anlageberater ist aber zur Aufklärung seiner Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet; welche Verhaltenspflichten ihn dabei im Einzelnen treffen, kann nur aufgrund der konkreten Umstände beurteilt werden, doch treffen ihn jedenfalls dem Anlageinteressenten gegenüber Schutz- und Sorgfaltspflichten. Stellt er etwa - wie nach den Feststellungen hier - ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform hin und veranlasst er dadurch den Anleger zum Abschluss eines solchen Geschäfts, dann haftet er für die fehlerhafte Beratung selbst dann, wenn auch er von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt gewesen sein sollte, weil er ein solches Geschäft nicht ohne weiteres als sichere Anlageform anpreisen darf. Der vom Berufungsgericht zu Unrecht in Abrede gestellte Beratungsmangel besteht eben gerade darin, die bei objektiver Betrachtung enorm hohen Risken gegenüber dem Kunden als bloß gering dargestellt zu haben, insbesondere die im Modell enthaltenen Liquiditätsreserven als „ausreichend“ zu bezeichnen, wenn tatsächlich bei jederzeit möglichen größeren Währungs- und Wertentwicklungsschwankungen aus Sicht des uninformierten Kunden überraschend große Eigenleistungen zur Aufrechterhaltung des Vorsorgemodells notwendig werden. Die Beklagte hat daher für die Folgen der Fehlberatung des ihr zuzurechnenden Beraters einzustehen.