OGH: Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG
Der Wertzuwachs ist auch bei von der Aufteilung ausgenommenen Sachen zu berücksichtigen, soweit er während der Ehe nicht allein durch die Änderung der Marktverhältnisse eingetreten ist
§§ 81 ff EheG, § 94 EheG
GZ 1 Ob 126/12d, 01.08.2012
Die Streitteile trafen unmittelbar vor der Eheschließung eine - in Notariatsaktform abgeschlossene - Vereinbarung, in der festgehalten wurde, dass die von den Verlobten in die Ehe eingebrachten Vermögenswerte im Falle einer Scheidung nicht der nachehelichen Aufteilung unterliegen sollen, wobei ua im Vermögen der Frau ein (auf 99 Jahre gemieteter) „Rohdachboden für Ausbau“ in W***** (spätere Ehewohnung) und im Vermögen des Mannes ein Einfamilienhaus in O***** genannt wurden. Weiters wurde festgelegt, dass beide späteren Ehegatten während der Ehe angesammelte Ersparnisse im Falle einer Ehescheidung ohne Verpflichtung zu einer Ausgleichszahlung behalten sollen. Die von den Ehegatten 2 Tage später (am 14. 9. 1996) geschlossene Ehe wurde im Jahr 2010 rechtskräftig geschieden. Während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft wurde der Rohdachboden in W***** ausschließlich mit finanziellen Mitteln der Antragsgegnerin ausgebaut; die Bauaufsicht und auch die Verhandlungen mit den Professionisten wurden überwiegend vom Antragsteller ausgeübt. Das Einfamilienhaus wurde überwiegend aus finanziellen Mitteln des Antragstellers hergestellt; aber auch die Antragsgegnerin leistete hier einen wesentlichen finanziellen Beitrag. Der Antragsteller erwarb während der Ehe zahlreiche Liegenschaften.
OGH: Im Hinblick auf das Einfamilienhaus ist der Revisionsrekurs des Antragstellers nicht gesetzmäßig ausgeführt, geht dieser doch ohne entsprechende Feststellungsbasis davon aus, dass das Haus bereits 6 Jahre vor der Eheschließung fertiggestellt gewesen sei. Nur der Vollständigkeit halber sei er in diesem Zusammenhang auf seine eigene Aussage als Partei verwiesen, nach der bei Abschluss des Notariatsakts ein Rohbau bestanden hätte. Warum der Auftrag des Rekursgerichts, Feststellungen über das Ausmaß der späteren Wertsteigerung und den Beitrag der Ehegatten dazu rechtlich unzutreffend sein sollte, wird nicht erklärt, zumal der Antragsteller selbst zugesteht, dass der Wertzuwachs auch bei von der Aufteilung ausgenommenen Sachen zu berücksichtigen sei, soweit er während der Ehe nicht allein durch die Änderung der Marktverhältnisse eingetreten ist. Anlass dazu, zwischen den beiden Objekten grundsätzlich zu unterscheiden, besteht nicht. In beiden Fällen ist zu fragen, welche Wertsteigerung während der Ehe durch die Investitionen und Arbeitsleistungen herbeigeführt wurde und welcher Anteil daran dem einen oder dem anderen Ehegatten zuzuordnen ist.
Soweit sich die Antragsgegnerin in ihrem Revisionsrekurs mit der Frage auseinandersetzt, ob die Dachbodenwohnung wirksam von der Aufteilung ausgenommen wurde, geht ihre Argumentation insoweit ins Leere, als auch das Rekursgericht die Einbeziehung in die Aufteilungsmasse verneint hat. Auch die Frage nach der Wirksamkeit der seinerzeitigen Vereinbarung über die Zuweisung der beiden Objekte stellt sich nicht, herrscht doch auch im Aufteilungsverfahren Übereinstimmung darüber, dass der Frau die Wohnung und dem Mann das Einfamilienhaus verbleiben soll. Es geht ausschließlich um die Frage, inwieweit ein Ehegatte dem anderen eine Ausgleichszahlung dafür zu leisten hat, dass dieser insgesamt überwiegend für die Wertsteigerung der beiden Objekte während der Ehe verantwortlich ist. Inwieweit die Rechtsauffassung des Rekursgerichts in diesem Zusammenhang unrichtig sein sollte, wird aus den Revisionsrekursausführungen nicht deutlich. Für eine vom Vertragstext abweichende Auslegung ergeben sich aus den Sachverhaltsfeststellungen keine Anhaltspunkte. Auch der Hinweis darauf, der Antragsteller habe seine Einkünfte und seine Abfertigung zur Anschaffung zahlreicher Liegenschaften verwenden können, zeigt keinen Beurteilungsfehler auf, entspricht diese Konsequenz doch gerade der getroffenen Vereinbarung, deren Richtigkeit und Gültigkeit die Antragstellerin auch in diesem Punkt gar nicht in Frage stellt.
Ob die Wertsteigerung der Dachgeschosswohnung ausschließlich auf die finanziellen Leistungen der Antragsgegnerin zurückzuführen ist, ist im fortgesetzten Verfahren zu klären. Sollte sich hingegen herausstellen, dass auch Leistungen des Antragstellers (nach Abschluss des Mietvertrags) in nicht unerheblicher Weise dazu beigetragen haben, dass die Antragsgegnerin nun über ein Wohnobjekt von erheblich gestiegenem Wert verfügt, ist ein entsprechender Betrag zu Gunsten des Antragstellers bei der Ermittlung einer allfälligen Pflicht zur Zahlung eines Ausgleichsbetrags in Anschlag zu bringen. Gleiches gilt - in umgekehrter Richtung - für die finanzielle Beteiligung der Antragsgegnerin an der (behaupteten) Wertsteigerung des Einfamilienhauses, die nach den Aufteilungsgrundsätzen der §§ 81 ff EheG der Antragsteller nicht zur Gänze allein lukrieren soll. Zutreffend hat das Rekursgericht auch darauf hingewiesen, dass gegebenenfalls Feststellungen über die von der Antragsgegnerin behauptete überproportionale Tragung der laufenden Lebenshaltungskosten zu treffen sein werden, sofern sich bei einer isolierten Betrachtung der Mitwirkung an der Wertsteigerung der beiden Objekte ein Saldo zu Gunsten des Antragstellers ergeben sollte.