01.10.2012 Zivilrecht

OGH: § 140 ABGB – Hortbetreuungskosten als Sonderbedarf?

Mit dem Argument, die Unterbringung in einem Hort diene auch der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes, sei aus pädagogischen Gründen sinnvoll und liege somit überwiegend auch im Interesse des Kindes, wird kein außergewöhnlicher, individueller Förderungs- oder Betreuungsbedarf dargelegt, sondern lediglich in allgemeiner Form auf Umstände hingewiesen, die jedes andere gleichaltrige Kind ebenso betreffen könnten


Schlagworte: Familienrecht, Unterhalt, Sonderbedarf, Hortbetreuung
Gesetze:

§ 140 ABGB

GZ 1 Ob 157/12p, 06.09.2012

 

OGH: Mit ihrer Behauptung, es sei im beiderseitigen Einverständnis der Eltern geregelt worden, dass sie in einer privaten ganztägigen Kindergruppe betreut werde, da die Ausbildung und Beschäftigung (der Mutter) nur in Vollzeit möglich sei, entfernt sich die Revisionsrekurswerberin von den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen, die Derartiges nicht festgestellt haben. Im Übrigen wird auch in keiner Weise dargelegt, warum es für die Mutter, die ihre Ausbildung bereits abgeschlossen hat, (rechtlich) nicht möglich sein sollte, ihre berufliche Belastung zeitlich zu reduzieren (vgl § 50a BDG). Schließlich hat der betreuende Elternteil gem § 140 Abs 2 Satz 2 ABGB gegebenenfalls auch in gewissem Umfang zum Unterhalt beizutragen.

 

Soweit der Revisionsrekurs weiter damit argumentiert, die Unterbringung in einem Hort diene auch der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes, sei aus pädagogischen Gründen sinnvoll und liege somit überwiegend auch im Interesse des Kindes, wird kein außergewöhnlicher, individueller Förderungs- oder Betreuungsbedarf dargelegt, sondern lediglich in allgemeiner Form auf Umstände hingewiesen, die jedes andere gleichaltrige Kind ebenso betreffen könnten. Dass in einem Hort soziale Verhaltensweisen gefördert werden und den dort betreuten Kindern die Möglichkeit geboten wird, im Kontakt mit anderen Kindern soziale Rollen kennenzulernen, trifft zweifellos zu, doch findet Derartiges ebenso während des Schulbetriebs selbst statt. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass nachmittags (stundenweise) im Hort betreute Kinder sich in ihrem Sozialverhalten (im positiven Sinn) wesentlich von solchen unterscheiden würden, die eine solche Betreuung im familiären Umfeld erfahren, wobei für den vorliegenden Fall besonders zu beachten ist, dass nach den Angaben der Mutter ohnehin nur rund 30 % der angebotenen Betreuungsstunden im Hort genützt werden. Wenn sich das Rekursgericht der Auffassung, die Momente der Außergewöhnlichkeit, Dringlichkeit und Individualität seien im vorliegenden Fall gegeben, weshalb die Hortkosten den Bedarf des Kindes zuzurechnen seien, nicht angeschlossen hat, kann darin eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung nicht erblickt werden.