15.10.2012 Zivilrecht

OGH: Gegen Veränderungen des Betriebs, durch die erfahrungsgemäß stärker in die Bestandgeberinteressen eingegriffen wird, insbesondere gegen eine intensivere Benützung des Bestandgegenstands, kann sich der Vermieter - durch Unterlassungsklage - zur Wehr setzen

Die Aufrechterhaltung des Zustands bis zum Ende der Bestandzeit muss für den Vermieter von einem zumindest nicht ganz unwesentlichen Nachteil sein; es muss das Interesse an der sofortigen Beseitigung gegeben sein


Schlagworte: Bestandrecht, Veränderungen des Betriebs
Gesetze:

§§ 1090 ff ABGB, § 1098 ABGB

GZ 2 Ob 72/12w, 30.08.2012

 

OGH: Gegen Veränderungen des Betriebs, durch die erfahrungsgemäß stärker in die Bestandgeberinteressen eingegriffen wird, insbesondere gegen eine intensivere Benützung des Bestandgegenstands, kann sich der Vermieter - durch Unterlassungsklage - zur Wehr setzen. Die Aufrechterhaltung des Zustands bis zum Ende der Bestandzeit muss für den Vermieter von einem zumindest nicht ganz unwesentlichen Nachteil sein. Es muss das Interesse an der sofortigen Beseitigung gegeben sein. Der Bestandgeber ist insbesondere nicht zur Duldung wesentlicher Veränderungen der Bestandsache genötigt, die durch die vertragswidrige Widmungsänderung erforderlich werden. Dagegen muss er unwesentliche Veränderungen, namentlich auch eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung des Warenangebots, hinnehmen, soweit der Bestandnehmer damit lediglich auf die wirtschaftliche Entwicklung in seinem Geschäftszweig reagiert, va um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu sichern, bzw keinem vertraglich übernommenen Konkurrenzverbot zuwiderhandelt und mit der Änderung des Sortiments auch keine intensivere Benützung des Bestandgegenstands verbunden ist. Änderungen des Warenangebots in einem gemieteten Geschäftslokal im Zuge einer allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung sind zulässig.

 

Das Berufungsgericht hat die Ausdehnung des Betriebs durch die Beklagten von Sportwetten auf Glücksspiel („Casino“ mit Roulettetisch und Spielautomaten) als wesentliche Änderung des vereinbarten Bestandzwecks erachtet. Diese Beurteilung ist vertretbar, bestehen doch - auch wenn gem § 1272 ABGB jedes Spiel eine Art von Wette ist - zwischen beiden Geschäftsbereichen wesentliche, auch rechtliche Unterschiede. Vertretbar hat das Berufungsgericht auch das Interesse der Klägerin an der Unterlassung des Betriebs von Glücksspielen im vermieteten Geschäftslokal bejaht, zumal schon anlässlich der Vertragsverhandlungen zwischen den Streitteilen bzw deren Vertretern thematisiert wurde, dass die Klägerin in dieser Geschäftszeile bereits einen Betrieb mit Spielautomaten habe und daher keine weiteren mehr nehmen könne. Die Auffassung, dass die vorgenommene Erweiterung der Geschäftstätigkeit durch die Beklagten keine bloß unwesentliche Änderung im Zuge der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung sei, ist nicht als (grobe) Fehlbeurteilung zu erachten.

 

Mangels Unklarheit oder Unverständlichkeit der Vereinbarung des Geschäftszwecks „Sportwetten“ erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der von den Revisionswerbern angezogenen Bestimmung des § 6 Abs 3 KSchG.

 

Dass sich der Betrieb ihres Unternehmens mit der (bloßen) Durchführung von Sportwetten nicht rentiere, haben die Beklagten in erster Instanz nicht vorgebracht, wäre aber im Lichte der obigen Ausführungen auch unerheblich.