OGH: Unterbrechung der Verjährung iSd § 1497 ABGB (iZm Anspruchsbetreibung mit Stufenklage und Exekution des Rechnungslegungsanspruchs)
Die mehr als einjährige Untätigkeit des Klägers im Hauptverfahren (zwischen Rechnungslegung und bezifferter Verfahrensfortsetzung) ist infolge nicht mutwilliger Exekutionsführung und Verteidigung des Rechnungslegungsanspruchs im Oppositionsprozess insgesamt als gehörige Fortsetzung der Rechtsverfolgung zur Verwirklichung der mit Stufenklage geltend gemachten Schadenersatzansprüche aus dem Bevollmächtigungs-vertrag/Auftragsverhältnis zu werten
§ 1497 ABGB, Art XLII EGZPO
GZ 3 Ob 106/12b, 19.09.2012
OGH: Gem § 1497 ABGB wird die Verjährung durch Klageführung unterbrochen, sofern das Verfahren vom Kläger gehörig fortgesetzt wird. Den eigentlichen Unterbrechungsgrund bildet nicht die Klage, sondern das dem Kläger günstige Urteil, weshalb keine Unterbrechung eintritt, wenn das Klagebegehren abgewiesen wird. Auch durch die Manifestationsklage wird die Verjährung in Ansehung der aufgrund der eidlichen Angabe begehrten Leistungen unterbrochen.
Die Unterlassung der gehörigen Fortsetzung der Klage ist kein eigener selbständiger Verjährungsgrund; die gehörige Fortsetzung der Klage ist vielmehr eine Voraussetzung für die durch die Einbringung der Klage grundsätzlich bewirkte Unterbrechung der Verjährung.
Die hier durch das dem Kläger in der Folge rechtskräftig zugesprochene Rechnungslegungsbegehren bewirkte Unterbrechung der Verjährung der von ihm verfolgten Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten hängt daher davon ab, ob die nach Rechtskraft des Rechnungslegungsurteils und erfolgter Rechnungslegung des Beklagten (20. April 2010) vom Kläger weiter entfaltete Rechtsverfolgung als gehörige Fortsetzung zu beurteilen ist.
Keine gehörige Fortsetzung liegt nur dann vor, wenn der Kläger eine ungewöhnliche Untätigkeit an den Tag legt, die darauf schließen lässt, dass ihm an der Erreichung des Prozessziels nicht mehr gelegen ist. Dabei ist nicht nur auf die Dauer der Untätigkeit, sondern va auf die Gründe Bedacht zu nehmen. Der Kläger kann sich zur Rechtfertigung seiner Untätigkeit nur auf solche Gründe berufen, die im Verhältnis zwischen den Prozessparteien liegen. Die Frage, ob ein längeres Zuwarten mit der Verfolgung eines Anspruchs noch hingenommen werden kann oder ob eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, aus der entnommen werden muss, dass es der Partei an dem erforderlichen Ernst zur Erreichung des Prozessziels fehlt, ist unter Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falls zu beantworten. Es ist Aufgabe des Klägers, beachtliche Gründe für die Untätigkeit und für die Nichtaufnahme oder Nichtfortsetzung des Verfahrens vorzubringen und erforderlichenfalls zu beweisen.
Die Anwendung dieser Grundsätze der Rsp führt dazu, zunächst die Exekutionsführung sowie die Verteidigung des Rechnungslegungsanspruchs im anschließenden Oppositionsprozess als gehörige Verfahrensfortsetzung zu beurteilen. Der Grund für die (zunächst) Nichterhebung des Leistungsbegehrens nach Rechnungslegung liegt im Verhältnis zwischen den Parteien, nämlich im Streit darüber, ob der Rechnungslegungsanspruch erfüllt ist. Der Kläger stellte sich auf den Standpunkt, die bloße Angabe der Mittelverwendung erfülle die Rechnungslegungsverpflichtung nicht, weil jeglicher Beleg fehle. Dass dieser der Exekutionsführung gegen den Beklagten zugrunde liegende Standpunkt nicht als mutwillig zu qualifizieren ist, ergibt sich nicht nur aus der Exekutionsbewilligung sondern auch aus der erstinstanzlichen Abweisung des Oppositionsklagebegehrens, dem die Auffassung des Beklagten zugrunde lag, mit seiner Rechnung vom 20. April 2010 den dem Kläger zuerkannten Rechnungslegungsanspruch zur Gänze erfüllt zu haben. Ausgehend von seinem vom Exekutionsgericht zunächst geteilten Standpunkt verfolgte der Kläger seinen Rechnungslegungsanspruch weiter und verteidigte diesen gegen die Berufung des zur Rechnungslegung verpflichteten Beklagten im Oppositionsprozess und erhob gegen das den Rechnungslegungsanspruch für erloschen erklärende Urteil des Berufungsgerichts im Oppositionsverfahren noch fristgerecht eine außerordentliche Revision an den OGH. Bis dahin kann nicht ernstlich bezweifelt werden, dass es dem Kläger ernst damit war, seinen Schadenersatzanspruch weiter zu verfolgen, indem er auf Rechnungslegung beharrte. Weder blieb der Kläger untätig, noch kann aus seinem Prozessverhalten sonst geschlossen werden, dass ihm an der Verwirklichung des ursprünglichen Prozessziels (Verfolgung seiner Schadenersatzansprüche) nicht mehr gelegen gewesen wäre.
Maßgeblich für die im Allgemeinen kurz zu bemessende Frist für das Tätigwerden des Klägers nach Erlangung der zunächst im Rahmen der Stufenklage begehrten Rechnung in Form der Bezifferung des Leistungsbegehrens muss daher die Zurückweisung der außerordentlichen Revision im Oppositionsprozess sein. Zwischen der Zustellung der Revisionsentscheidung und dem Fortsetzungsantrag liegen aber nur vier Tage. Fraglich könnte sein, ob im Anwaltsprozess der Antrag auf Verfahrensfortsetzung ohne Bezifferung des Leistungsbegehrens - diese erfolgt über Gerichtsauftrag zur Verbesserung erst mit Schriftsatz vom 10. Mai 2011 - als gehörige Verfahrensfortsetzung zu beurteilen ist. Darauf kommt es aber hier nicht an, weil der verbesserte Fortsetzungsantrag (beziffertes Leistungsbegehren) knapp fünf Wochen nach Zustellung der Revisionsentscheidung im Oppositionsprozess erfolgte. Selbst dieser Zeitraum genügt den Anforderungen an die unverzügliche Verfahrensfortsetzung.
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die mehr als einjährige Untätigkeit des Klägers im Hauptverfahren (zwischen Rechnungslegung und bezifferter Verfahrensfortsetzung) infolge nicht mutwilliger Exekutionsführung und Verteidigung des Rechnungslegungsanspruchs im Oppositionsprozess insgesamt als gehörige Fortsetzung der Rechtsverfolgung zur Verwirklichung der mit Stufenklage geltend gemachten Schadenersatzansprüche aus dem Bevollmächtigungs-vertrag/Auftragsverhältnis zu werten ist.
Da die vom Kläger erhobenen Schadenersatzansprüche sohin nicht verjährt sind, sind die von beiden Streitteilen gegen die bloß teilweise Klagestattgebung erhobenen Berufungen - abgesehen vom mittlerweile geklärten Verjährungseinwand - zu prüfen. Dem Berufungsgericht ist die neuerliche Entscheidung nach Erledigung der sonstigen Berufungsgründe aufzutragen.