OGH: § 24a KBGG – zur Berechnung des Kinderbetreuungsgeldes
Da das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld einen (teilweisen) Ersatz für den Entfall des früheren Einkommens bieten soll, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Höhe des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes bei Wochengeldbezieherinnen an die Höhe ihres Wochengeldbezugs anknüpft
§ 24a KBGG
GZ 10 ObS 93/12t, 24.07.2012
Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, das Berufungsgericht habe die Verfassungswidrigkeit des § 24a KBGG nicht erkannt und sei von der stRsp zur verfassungskonformen Auslegung von Normen unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes abgewichen. Die von den Vorinstanzen angenommene zwingende Berechnung des Kinderbetreuungsgeldes anhand des Wochengeldes, sofern man Wochengeld beziehe, sei sachlich nicht gerechtfertigt, sofern die Klägerin durch diese Bestimmung weniger erhalte als ihre männlichen Kollegen oder im Falle einer Heranziehung einer anderen Berechnungsbasis (zB § 24a Abs 1 Z 2 KBGG (aF)).
OGH: Beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld handelt es sich um einen (teilweisen) Ersatz für den Entfall des früheren Einkommens. Es beträgt nach § 24a KBGG 80 % der letzten Einkünfte, allerdings maximal 66 EUR täglich und wird parallel nach zwei Berechnungsmethoden ermittelt: Bei der ersten Berechnungsmethode wird die Höhe des Tagesbetrags anhand des Wochengeldes, also nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst während der letzten 13 Wochen vor Beginn des Beschäftigungsverbots ermittelt (§ 24a Abs 1 Z 1 KBGG). Bei Beamtinnen, die keinen Anspruch auf Wochengeld haben, denen aber ihr Entgelt während des Beschäftigungsverbots vom Dienstgeber weiterbezahlt wird, beträgt das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld 80 % des durchschnittlichen täglichen Netto-Monatsbezugs der letzten 3 Kalendermonate vor Beginn des Beschäftigungsverbots, inklusive aliquoter Sonderzahlungen (§ 24a Abs 1 Z 2 KBGG aF). Dasselbe gilt für Beamte und unselbständig erwerbstätige Väter. Da hier nicht auf den Beginn des tatsächlichen Beschäftigungsverbots abgestellt werden kann, wird dieses mittels einer 8-Wochenfrist vor der Geburt des Kindes fingiert (vgl § 24a Abs 1 Z 3 KBGG aF für männliche Beamte und § 24a Abs 1 Z 4 KBGG aF für unselbständig erwerbstätige Väter). Zusätzlich erfolgt eine zweite Berechnung des Tagesbetrags auf Grundlage der maßgeblichen Einkünfte, die im letzten Kalenderjahr vor der Geburt, in dem kein Kinderbetreuungsgeld bezogen wurde, erzielt wurden (§ 24a Abs 1 Z 5 und Abs 3 KBGG). Die beiden Berechnungsarten werden dann gegenübergestellt und der für die Eltern günstigere Tagesbetrag ergibt schließlich die endgültige Höhe des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes.
Ausgehend von den soeben beschriebenen unterschiedlichen Fallgruppen haben bereits die Vorinstanzen zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin als Wochengeldbezieherin eindeutig der ersten Fallgruppe (§ 24a Abs 1 Z 1 KBGG) zuzuordnen ist und ihr daher ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld iHv 80 % ihres auf den Kalendertag entfallenden Wochengeldbezugs nach § 84 B-KUVG iVm §§ 162, 165 bis 168 ASVG und §§ 28 bis 30 der Satzung der BVA gebührt. Das Berufungsgericht hat bereits zutreffend ausgeführt, dass die Höhe des der Klägerin nach den erwähnten Bestimmungen zustehenden Wochengeldes im Vorverfahren 38 Cgs 264/10x des Erstgerichts bereits rechtskräftig festgesetzt wurde und eine neuerliche Überprüfung der Höhe des Wochengeldanspruchs der Klägerin im gegenständlichen Verfahren daher nicht mehr in Betracht kommt. Auf die Revisionsausführungen der Klägerin zu der von ihr bei der Berechnung ihres Wochengeldanspruchs geltend gemachten Diskriminierung ist daher nicht weiter einzugehen.
Soweit die Klägerin meint, die Vorinstanzen hätten im Rahmen einer „verfassungskonformen Interpretation“ die Höhe ihres einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes nach der für sie günstigeren und für Männer geltenden Bestimmung des § 24a Abs 1 Z 2 KBGG (aF) bemessen müssen, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung nicht auf männliche Kinderbetreuungsgeldbezieher (arg „von Beginn des Beschäftigungsverbots“), sondern auf Beamtinnen, die keinen Anspruch auf Wochengeld, sondern auf Entgeltfortzahlung durch ihren Dienstgeber haben, abstellt.
Es hat ebenfalls bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass auch eine verfassungskonforme Auslegung eines Gesetzes ihre Grundlage im Gesetz selbst haben muss und daher eine vom Gesetzgeber für eine andere Fallgruppe vorgesehene Berechnungsweise nicht einfach im Wege einer verfassungskonformen Interpretation die vom Gesetzgeber für den vorliegenden Fall vorgesehene Berechnungsweise ersetzen kann. Die von der Klägerin angestrebte Auslegung, die bei eindeutiger Gesetzeslage vom Wortlaut abweichen würde, kann daher auch nicht mit Verfassungskonformität gerechtfertigt werden.
Da das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld einen (teilweisen) Ersatz für den Entfall des früheren Einkommens bieten soll, bestehen nach Ansicht des erkennenden Senats auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Höhe des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes bei Wochengeldbezieherinnen an die Höhe ihres Wochengeldbezugs anknüpft. Eine unsachliche Benachteiligung von Wochengeldbezieherinnen bei der Höhe des Anspruchs auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld gegenüber den anderen Personengruppen des § 24a Abs 1 KBGG ist nicht erkennbar, da auch das Wochengeld nach dem ASVG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst während der letzten 13 Wochen (bzw 3 Kalendermonate) vor Beginn des Beschäftigungsverbots ermittelt wird.