OGH: Klärung einer prozessualen Unwirksamkeit eines Vergleichs durch einen Einstellungsantrag nach § 39 Abs 1 Z 10 EO?
Die prozessuale Unwirksamkeit des Vergleichs kann ausschließlich mit einem Fortsetzungsantrag geltend gemacht werden
§ 39 EO, § 1 EO, § 1380 ABGB, § 204 ZPO
GZ 3 Ob 130/12g, 08.08.2012
OGH: Ob ein Vergleich einen Prozess beendet, ist ausschließlich nach Prozessrecht zu beurteilen; ob ein verpflichtender Vertrag zustande gekommen ist, ausschließlich nach materiellem Recht. Es entspricht hRsp, dass die prozessuale Wirksamkeit des Vergleichs und die Frage, ob der abgeschlossene gerichtliche Vergleich ein Exekutionstitel iSd § 1 Z 5 EO bildet, ausschließlich nach Prozessrecht zu beurteilen ist. Die Frage der prozessualen Unwirksamkeit des Vergleichs infolge Missachtung der Protokollierungsvorschriften ist demnach durch Antrag auf Fortsetzung im ursprünglichen Verfahren zu klären; in der Entscheidung 6 Ob 49/00z wurde explizit ausgesprochen, die prozessuale Unwirksamkeit des Vergleichs könne ausschließlich mit einem Fortsetzungsantrag geltend gemacht werden. Daran hielt der OGH auch in 8 Ob 122/02h fest: Ist der Fortsetzungsantrag das geeignete Mittel, um die prozessuale Unwirksamkeit eines im Verfahren geschlossenen Vergleichs geltend zu machen, dann ist darüber auch in diesem Verfahren meritorisch zu entscheiden.
An dieser Rsp ist festzuhalten. Die zu 3 Ob 171/10h die selben Parteien betreffende - dort aber bei Erörterung der vom Verpflichteten erhobenen Oppositions- oder Impugnationsklage nicht entscheidungswesentliche - Äußerung, dem Verpflichteten (dort Kläger) stehe auch der Einstellungsantrag nach § 39 Abs 1 Z 10 EO offen, könnte nicht aufrecht erhalten werden. Die Äußerung war nach dem Kontext aber ohnehin nur dahin zu verstehen, dass der Einstellungsgrund der Z 10 erst nach erfolgreicher Unwirksamerklärung des Vergleichs im fortgesetzten Titelverfahren vorliegt und nur dort zu prüfen ist, wie sich aus der weiteren, mit Bezug auf die E 6 Ob 49/00z gegebenen Begründung ergibt, dass die prozessuale Unwirksamkeit eines Vergleichs ausschließlich mit einem Fortsetzungsantrag geltend gemacht werden kann.
Mangels Fortsetzungsantrags des Verpflichteten im Erkenntnisverfahren und infolge Fortbestands des in seiner Rechtswirksamkeit vom Gericht, vor dem er geschlossen wurde, bestätigten Vergleich, der als Exekutionstitel dem Versteigerungsverfahren zugrunde liegt, wies das Rekursgericht den Einstellungsantrag nach § 39 Abs 1 Z 10 EO zu Recht ab.
Die Frage, ob der Exekutionstitel als Vergleich infolge Missachtung der Protokollierungsvorschriften allenfalls prozessual unwirksam zustande gekommen sei, ist im Exekutionsverfahren nicht zu entscheiden.