VwGH: Disziplinarverfahren – (Hemmung der) Verjährung gem § 94 BDG
Eine Hemmung der Verjährung gem § 94 Abs 2 bis 4 BDG kann nur stattfinden, wenn einerseits das Disziplinarverfahren, bezüglich dessen eine Verjährung zu beurteilen ist und anderseits das hemmende Verfahren dieselbe "Dienstpflichtverletzung" und denselben "zugrunde liegend(en) Sachverhalt" zum Gegenstand haben
§§ 91 ff BDG, § 43 BDG, § 94 BDG
GZ 2012/09/0011, 04.10.2012
VwGH: Die Verjährung ist nach dem klaren Wortlaut des § 94 BDG zweifellos mit Bezug auf die vorgeworfene "Dienstpflichtverletzung" und den dieser "zugrunde liegend(en) Sachverhalt" zu beurteilen. Eine Hemmung der Verjährung gem § 94 Abs 2 bis 4 BDG kann daher nur stattfinden, wenn einerseits das Disziplinarverfahren, bezüglich dessen eine Verjährung zu beurteilen ist und anderseits das hemmende Verfahren dieselbe "Dienstpflichtverletzung" und denselben "zugrunde liegend(en) Sachverhalt" zum Gegenstand haben.
Die angeführten Beschwerdeverfahren konnten daher zu keiner Hemmung der Verjährungsfrist bezüglich des hier vorgeworfenen Verhaltens führen. Dies wird im diesbezüglichen Begründungsversuch der belangten Behörde, der auf den Bescheid der Behörde erster Instanz verweist, verkannt. Das im Bescheid der Behörde erster Instanz zur Verneinung einer Verjährung angeführte Erkenntnis vom 27. Oktober 1999, 97/09/0246, enthält nur eine Aussage zum Beginn der Verjährungsfrist gem § 94 Abs 1 Z 2 BDG, ist also nicht einschlägig. Die in der Begründung des Bescheides der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom 11. Dezember 2008 vorkommende Auffassung, der im Einleitungsbeschluss vom 13. September 2005 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen formulierte Vorwurf gegen den Bf wegen eines Verhaltens "in der Zeit vom 17. Juli 2004 bis zumindest 22. August 2005, sowie darüber hinaus" umfasse auch ein späteres Verhalten des Bf, ist ebenfalls keinerlei Aussage betreffend Vorwürfe eines Verhaltens des Bf vor dem 17. Juli 2004 zu entnehmen, weil er eben nur ein späteres Verhalten zum Gegenstand hat.
Der Wortlaut des § 94 Abs 1a BDG ist hingegen klar:
Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden. Die Entscheidung, gegen den Bf hinsichtlich der mit dem angefochtenen Bescheid vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren zu führen, wurde im vorliegenden Fall mit dem Einleitungsbeschluss vom 13. September 2005 getroffen. Dieser bildet für den angefochtenen Bescheid die verfahrensrechtliche Grundlage. Dieser Einleitungsbeschluss wurde dem Bf am 20. September 2005 zugestellt. Der angefochtene Bescheid wurde dem Bf am 13. Dezember 2011 zugestellt. Dieser Zeitpunkt liegt mehr als drei Jahre nach dem 20. September 2005.
Nach den von der belangten Behörde übernommenen Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides sowie nach der Aktenlage kommen als Zeiträume, welche die Verjährungsfrist gehemmt haben, die Dauer der Verfahren vor der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt betreffend deren Bescheide vom 22. Dezember 2005 (28. Oktober 2005 bis 9. Jänner 2006), vom 11. Dezember 2008 (14. August 2008 bis 19. Dezember 2008), vom 23. September 2009 (8. Juni 2009 bis 8. Oktober 2009) sowie vom 17. März 2011 (19. Jänner 2011 bis 24. März 2011) in Betracht. Auch die dadurch bewirkte Hemmung der Verjährungsfrist des § 94 Abs 1a BDG bewirkt nicht die Verkürzung des nach dieser Bestimmung maßgeblichen Zeitraumes von der Zustellung des Einleitungsbeschlusses am 20. September 2005 bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides am 13. Dezember 2011 auf einen Zeitraum von nicht mehr als drei Jahren.