VwGH: Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für einen Arbeitsraum
Ein "Arbeitszimmer" iSd § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG liegt auch dann vor, wenn es ausschließlich als solches genutzt wird; für die Ansicht, die Vorschrift sei nur dann anzuwenden, wenn kein Nachweis einer solchen ausschließlichen Nutzung erbracht werde, findet sich im Gesetz kein Anhaltspunkt
§ 4 Abs 4 EStG, § 16 EStG, § 20 EStG
GZ 2008/13/0233, 25.09.2012
Die Bf betreibt als Einzelunternehmerin eine Tabaktrafik in Wien und bewohnt als Hauptmieterin ein Reihenhaus in Gerasdorf. Strittig ist die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für den ausgebauten, als Arbeitsraum genutzten Dachboden dieses Reihenhauses als Betriebsausgaben.
VwGH: Nach § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.
Der VwGH hat sich mit dieser auf das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl Nr 201, zurückzuführenden Rechtslage im Erkenntnis vom 27. Mai 1999, 98/15/0100, ausführlich auseinandergesetzt und dabei in verfassungskonformer Interpretation die Auffassung vertreten, die Frage des Mittelpunktes der Tätigkeit müsse einkunftsquellenbezogen beurteilt werden. Für die Bf, bei der nicht zwischen verschiedenen Einkunftsquellen zu unterscheiden ist, ergeben sich daraus aber keine Konsequenzen. Ihren Fall betreffende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die anzuwendende Regelung hat der VfGH in seinem Ablehnungsbeschluss verneint und werden auch in der ergänzten Beschwerde nicht mehr ausdrücklich verfolgt.
Die Beschwerde macht auch nicht geltend, dass sich die Räumlichkeit nicht im Wohnungsverband befinde oder dass sie den Mittelpunkt der Tätigkeit der Bf als Trafikantin bilde. Argumentiert wird, der Gesetzgeber habe nur Fälle erfassen wollen, in denen auf Grund der örtlichen Nähe zum Privatbereich der Verdacht nahe liege, dass die Räumlichkeiten überwiegend oder ausschließlich privat genutzt würden, sich dies aber nur schwer beweisen lasse. Fälle wie der vorliegende, in denen die Anmietung einer weiteren Räumlichkeit zur betrieblichen Tätigkeit aus Platzgründen zwingend erforderlich sei, könnten darunter bei sinnvoller Auslegung des Gesetzes nicht subsumiert werden. In diesem Zusammenhang stützt sich die Beschwerde auch darauf, dass Räumlichkeiten, die auf Grund ihrer Ausstattung für eine Berufsausübung typisch seien und eine Nutzung im Rahmen der privaten Lebensführung üblicherweise nicht gestatteten, vom Begriff des "Arbeitszimmers" ausgenommen seien. Im gegenständlichen Fall verhalte es sich ähnlich, weil die Räumlichkeit aus den dargestellten Gründen auch hier "offensichtlich zur betrieblichen Nutzung" bestehe. Es handle sich daher nicht um ein "Arbeitszimmer" iSd zitierten Bestimmung.
Diesen Ausführungen hält die belangte Behörde in der Gegenschrift nicht zu Unrecht entgegen, aus der unbedingten Notwendigkeit eines weiteren Raumes ergebe sich noch nicht die Unmöglichkeit seiner privaten Mitbenützung. Aus dem angefochtenen Bescheid geht allerdings hervor, dass die belangte Behörde von einer solchen Mitbenützung nicht ausgegangen ist. Dieser Umstand ist aber nicht ausschlaggebend. Ein "Arbeitszimmer" liegt auch dann vor, wenn es ausschließlich als solches genutzt wird, und für die Ansicht, die Vorschrift sei nur dann anzuwenden, wenn kein Nachweis einer solchen ausschließlichen Nutzung erbracht werde, findet sich im Gesetz kein Anhaltspunkt. Hätte der Gesetzgeber eine solche Alternative zu der von ihm normierten, im vorliegenden Fall unstrittig nicht erfüllten Voraussetzung des "Mittelpunkts" der Tätigkeit im Einzelfall zulassen wollen, so hätte er die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen und Ausgaben nicht ohne jede Einschränkung an diese Voraussetzung gebunden. Die in der Beschwerde vorgeschlagene Auslegung des Begriffs des "Arbeitszimmers" in dem Sinn, dass ein solches nur vorliege, wenn das Fehlen einer privaten Mitbenutzung nicht erwiesen sei, ist kein gangbarer Weg zur Ausschaltung der im Gesetz normierten Voraussetzung.
Der verbleibende und der Sache nach im Vordergrund stehende Hinweis auf die unabdingbare, im Fall der Bf ihren Behauptungen zufolge besonders ausgeprägte betriebliche Notwendigkeit eines weiteren Raumes stellt in Wahrheit die Sachlichkeit der Regelung in Frage, wozu die Bf aber auf den Ablehnungsbeschluss des VfGH zu verweisen ist. Geht man von der einfachgesetzlichen Regelung aus, auf die sich die belangte Behörde gestützt hat, so kommt auch dem unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dazu erstatteten Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte feststellen müssen, dass es aus betrieblichen Gründen einer weiteren Räumlichkeit bedurft habe, keine Berechtigung zu.