26.11.2012 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob finanzielle Leistungen eines Dritten zum Unterhalt eines Kindes auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen sind

Mangels nachgewiesener Absicht, dass sie den Unterhaltsschuldner entlasten sollten, haben Leistungen Dritter grundsätzlich keinen Einfluss auf die Unterhaltsverpflichtung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils


Schlagworte: Familienrecht, Unterhalt, finanzielle Leistungen eines Dritten, Anrechnung, Nachweis
Gesetze:

§ 140 ABGB

GZ 1 Ob 179/12y, 11.10.2012

 

OGH: Der Revisionswerber verweist auf die festgestellten Zuwendungen des väterlichen Großvaters an den Minderjährigen (und nach den Feststellungen zum Teil auch an dessen Mutter) von gesamt 4.700 EUR und meint, in diesem Umfang sei der Unterhaltsanspruch des Minderjährigen erloschen. Es trifft zu, dass - regelmäßige -Sach- oder Geldleistungen eines Dritten zum Erlöschen des Unterhaltsanspruchs führen können. Das rechtliche Schicksal des Unterhaltsanspruchs des Kindes gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil hängt aber entscheidend vom Motiv für eine solche Leistung ab. Nur wenn der Dritte mit seiner Leistung die Absicht verfolgte, ganz oder auch nur teilweise die Unterhaltspflicht des Schuldners zu erfüllen, sei es um von ihm Ersatz zu erlangen oder in dessen Erwartung, sei es als Schenkung gegenüber dem Verpflichteten, kommt ein (teilweises) Erlöschen des Unterhaltsanspruchs dem Verpflichteten gegenüber in Betracht. Mangels nachgewiesener Absicht, dass sie den Unterhaltsschuldner entlasten sollten, haben Leistungen Dritter daher grundsätzlich keinen Einfluss auf die Unterhaltsverpflichtung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils. Im Zweifel ist anzunehmen, dass Zuwendungen naher Angehöriger in Erfüllung einer (zumindest angenommenen) sittlichen Verpflichtung und nicht in der Absicht, den Unterhaltspflichtigen zu entlasten, erbracht werden.

 

Nach den Feststellungen erfolgten die einzelnen Geldzuwendungen des väterlichen Großvaters unregelmäßig und überwiegend zu besonderen Anlässen (für Ausgaben der Mutter anlässlich der Geburt, als Weihnachtsgeschenk für Mutter und das Kind, zum ersten Geburtstag), wobei das Erstgericht ausdrücklich festhielt, dass diese Leistungen keine Unterhaltszahlungen darstellten. Damit handelte es sich bei den Leistungen des väterlichen Großelternteils nicht um solche, die den geldunterhaltspflichtigen Elternteil von seiner Unterhaltspflicht entlasten sollten. Der Anspruch des Kindes gegenüber dem Unterhaltsschuldner bleibt von solchen auf Freiwilligkeit beruhenden Leistungen Dritter unberührt, ohne dass es noch darauf ankäme, ob der väterliche Großvater diese Zuwendungen auch erbracht hätte, wenn er Kenntnis von der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Leistung eines höheren Geldunterhalts und deren nachträglichen Geltendmachung gehabt hätte.