03.12.2012 Zivilrecht

OGH: Zession, Inkassozession und Prozessstandschaft

Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist dem österreichischen Recht fremd; es liegt im Wesen der Inkassozession, dass der Zessionar Gläubiger wird, aber verpflichtet ist, die eingehobene Leistung an den Zedenten abzuführen; die Inkassozession ist ein Fall einer abgeschwächten Abtretung, aber nichtsdestoweniger echte Abtretung


Schlagworte: Zession, Abtretung, Inkassozession, Prozessstandschaft
Gesetze:

§§ 1392 ff ABGB

GZ 4 Ob 183/11g, 10.7.2012

 

Der Insolvenzverwalter verkaufte die Forderung gegen die Beklagte auf Herausgabe eines Verwertungserlöses eines Wertpapierdepots und trat die Forderung an die Klägerin ab. Der Kaufpreis sollte erst dann fällig werden, wenn die Käuferin selbst die Forderung bei der Beklagten eingezogen hatte. Die Klägerin klagte die Schuldnerin. Dabei ergab sich die Frage, ob eine Prozessstandschaft vorlag oder eine Sicherungszession bzw eine Zession.

 

OGH: Da die Klagebefugnis nicht ohne den zugrundeliegenden materiellrechtlichen Anspruch abgetreten werden kann, ist eine (stille) Zession, bei der der Zedent zur Einziehung der abgetretenen Forderung ermächtigt bleibt, rechtlich ausgeschlossen.

 

Davon zu unterscheiden ist allerdings die Inkassozession. Bei dieser wird der Zessionar Gläubiger, er ist aber verpflichtet, die eingehobene Leistung an den Zedenten abzuführen. Die Inkassozession ist ein Fall der abgeschwächten Abtretung, aber nichtsdestoweniger echte Abtretung, die dem Zessionar die Stellung eines Gläubigers verschafft. Bei der Inkassozession wird die Klagebefugnis nicht vom materiellrechtlichen Anspruch getrennt. Die Aktivlegitimation des Zessionars hängt nicht von der Verständigung des Zessus ab.

 

Das Berufungsgericht leitete ab, dass der Klägerin nicht die materielle Berechtigung an der Forderung abgetreten worden sei, weil der erzielte Betrag ausschließlich der Insolvenzmasse gebühre und diese im Falle des Unterliegens allein das wirtschaftliche Risiko trage. Dies ist unzutreffend. Es liegt gerade im Wesen der Inkassozession, dass der Zessionar Gläubiger wird, aber verpflichtet ist, die eingehobene Leistung an den Zedenten abzuführen. Im Regelfall liegt die Übertragung eines Vollrechts mit einer obligatorischen Beschränkung, somit eine uneigennützige Treuhand, vor. Auch die Vereinbarung einer Kostentragungspflicht bei Prozessverlust durch den Zedenten steht einer Inkassozession, mit der das Vollrecht übertragen wird, nicht entgegen