12.12.2012 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: Zurechnungsfähigkeit iSd § 3 VStG

Wenn Indizien in Richtung einer mangelnden Zurechnungsfähigkeit zur Tatzeit vorliegen, so ist die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens notwendig, um diese Frage hinreichend beurteilen zu können


Schlagworte: Zurechnungsfähigkeit, Zweifel, Sachverständiger, Gutachten, Beweiswürdigung
Gesetze:

§ 3 VStG, § 52 AVG, § 45 Abs 2 AVG, § 24 VStG

GZ 2009/02/0310, 16.11.2012

 

VwGH: Die Zurechnungsfähigkeit bildet eine unbedingte Voraussetzung der Strafbarkeit. Wenn Indizien in Richtung einer mangelnden Zurechnungsfähigkeit zur Tatzeit vorliegen, so ist nach hg Rsp die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens notwendig, um diese Frage hinreichend beurteilen zu können.

 

Die beigezogene Sachverständige hat in ihrem Gutachten umfassend, schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass nichts gegen die Annahme der Zurechnungsfähigkeit der Bf zum Tatzeitpunkt spreche. Diesen nicht als unschlüssig zu erkennenden fachlichen Ausführungen vermochte die Bf nichts Wesentliches entgegenzusetzen. Insbesondere ist sie diesen Ausführungen im Verwaltungsverfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Wenn die belangte Behörde daher dieses Gutachten ihrer Entscheidung zu Grunde legte, kann dies im Rahmen der dem VwGH bezüglich der Beweiswürdigung zukommenden Kontrolle nicht als rechtswidrig erkannt werden.

 

Soweit die Bf schließlich rügt, ihre psychischen Erkrankungen seien durch die Amtssachverständige nicht umfassend beurteilt worden und hätten keinen Eingang in das Gutachten gefunden, sodass bereits die Erstbehörde hiezu eine Ergänzung des amtsärztlichen Gutachtens hätte einholen müssen bzw die Bf einer eingehenderen Untersuchung zu unterziehen gehabt hätte, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungsbehörde ihr Gutachten ergänzt und darauf hingewiesen hat, dass sie die Bf nicht neuerlich begutachten müsse, weil sie ihr bekannt sei und sie sie bei Erstellung des Gutachtens vom 13. Jänner 2009 persönlich befundet habe, sodass der Behörde erster Instanz allenfalls unterlaufene Verfahrensmängel als saniert anzusehen sind.