19.12.2012 Steuerrecht

VwGH: Aussetzung der Vollziehung nach Art 244 ZK

Zur Ermessensentscheidung, ob eine Sicherheitsleistung gefordert wird oder nicht, ist zu bemerken, dass die in Art 244 dritter Unterabsatz ZK dafür geforderte Tatbestandsvoraussetzung der Möglichkeit ernster Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art auf Grund der Lage des Schuldners nicht mit der Tatbestandsvoraussetzung des Art 244 zweiter Unterabsatz ZK eines unersetzbaren Schadens gleichzusetzen ist und schon dann gegeben sein kann, wenn in der Vollziehung kein unersetzbarer Schaden die Folge ist


Schlagworte: Zoll, Rechtsbehelf, Aussetzung der Vollziehung, begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit, Sicherheitsleistung, Ermessen, ernste Schwierigkeiten
Gesetze:

Art 244 ZK

GZ 2009/16/0063, 26.01.2012

 

VwGH: Ist einer der beiden Tatbestände des Art 244 zweiter Unterabsatz ZK erfüllt, so hat die Zollbehörde, wenn sie nicht in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens von der Forderung einer Sicherheitsleistung absieht, eine Sicherheit zu fordern.

 

Das Zollamt Wien ist in seinem Bescheid über die Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung vom 19. November 2007 und in seiner Berufungsvorentscheidung vom 31. Jänner 2008 davon ausgegangen, dass eine der beiden alternativen Tatbestandsvoraussetzungen des Art 244 zweiter Unterabsatz ZK erfüllt sei, weil dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Dessen ungeachtet hat das Zollamt der Aktenlage zufolge jedoch den Antrag abgewiesen, ohne eine Sicherheitsleistung zu fordern. Solcherart erweisen sich die beiden Bescheide des Zollamtes Wien als rechtswidrig.

 

Die belangte Behörde verneint zwar anders als das Zollamt Wien die Erfüllung dieses Tatbestandes, nimmt jedoch hinsichtlich eines Teiles der dem Bescheid des Zollamtes Wien vom 17. August 2007 zugrunde liegenden Zigarettenmenge begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser angefochtenen Entscheidung an und sieht damit zumindest teilweise den anderen Tatbestand als erfüllt, der für die Aussetzung der Vollziehung in Art 244 zweiter Unterabsatz ZK vorausgesetzt wird. Dennoch ist die (Administrativ-)Beschwerde abgewiesen worden, ohne dass der Aktenlage zufolge dem Bf gegenüber eine Forderung einer Sicherheitsleistung ausgesprochen worden wäre.

 

Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gem § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

 

Für das fortzusetzende Verfahren sei bemerkt:

 

Die belangte Behörde führt zutreffend an, der Zollschuldner habe substantiiert darzulegen, dass durch die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung für ihn ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Von der Pflicht zur substantiierten Darlegung ist aber der Nachweis der Richtigkeit der dargelegten Umstände zu unterscheiden. Der Bf hat im Gefolge der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung ein Vermögensverzeichnis vorgelegt und durchaus substantiiert seine Einkünfte, seine Vermögensgegenstände und hypothekarische Belastungen dargelegt. Wenn die belangte Behörde diesen Behauptungen des Bf keinen Glauben schenkte, hätte sie ihn zum Nachweis konkreter Behauptungen auffordern müssen. Ein pauschaler Vorhalt wie im Schreiben vom 31. August 2008, "entsprechende Nachweise" beizulegen, reicht nicht. Dem Bf durfte die belangte Behörde daher nicht vorwerfen, er habe nicht nachweisen können, dass ihm aus der sofortigen Vollziehung des bekämpften Bescheides ein unersetzbarer Schaden entstünde.

 

Zur Ermessensentscheidung, ob eine Sicherheitsleistung gefordert wird oder nicht, ist zu bemerken, dass die in Art 244 dritter Unterabsatz ZK dafür geforderte Tatbestandsvoraussetzung der Möglichkeit ernster Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art auf Grund der Lage des Schuldners nicht mit der Tatbestandsvoraussetzung des Art 244 zweiter Unterabsatz ZK eines unersetzbaren Schadens gleichzusetzen ist und schon dann gegeben sein kann, wenn in der Vollziehung kein unersetzbarer Schaden die Folge ist. Dementsprechend ist eine eigenständige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Abgabenschuldners in Hinblick auf diese Tatbestandsvoraussetzung des Art 244 dritter Unterabsatz ZK vorzunehmen. Auch hier ist die Darlegungspflicht des Zollschuldners nicht mit dem Nachweis der Richtigkeit von ihm aufgestellter Behauptungen zu verwechseln. Glaubte die belangte Behörde den Behauptungen des Bf auf Grund ihres Vorhaltes vom 31. August 2008 nicht, hätte sie ihn etwa bei der vor ihr durchgeführten mündlichen Verhandlungen zu Nachweisen konkreter Behauptungen auffordern müssen oder wird dies gegebenenfalls im fortzusetzenden Verfahren nachzuholen haben.