OGH: § 19 Abs 3 UVG idF FamRÄG 2009 – zur rückwirkenden Erhöhung von Unterhaltsvorschüssen auf die endgültige Titelhöhe
§ 19 Abs 3 UVG idF FamRÄG 2009 ermöglicht nunmehr auch in den Fällen der Vorschussgewährung nach § 4 Z 4 UVG die rückwirkende Erhöhung des Vorschusses auf die endgültige Titelhöhe, was bis dahin nicht der Fall war
§ 19 UVG, § 4 Abs 4 Z 4 UVG, § 382a EO, § 140 ABGB
GZ 10 Ob 29/12f, 23.10.2012
OGH: Der erkennende Senat hat in der Entscheidung 10 Ob 104/11h zur rückwirkenden Erhöhung von Unterhaltsvorschüssen auf die endgültige Titelhöhe aufgrund der neuen Rechtslage, die von den Rechtssätzen RIS-Justiz RS0113996 und RS0122465 abweicht, bereits Folgendes festgehalten:
§ 19 Abs 2 UVG regelt die Erhöhung der Unterhaltsvorschüsse. Wird der Unterhaltsbeitrag erhöht, so hat das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag die Vorschüsse bis zum Ende des im zuletzt gefassten Beschluss über die Gewährung oder Weitergewährung bestimmten Zeitraums zu erhöhen; die Erhöhung ist mit dem auf das Wirksamwerden der Unterhaltserhöhung folgenden Monatsersten, fällt die Erhöhung auf einen Monatsersten, mit diesem anzuordnen. Zweck dieser Bestimmung ist es, die Vorschusserhöhung parallel mit der Unterhaltserhöhung wirksam werden zu lassen, um den Gleichlauf zwischen den Unterhaltsvorschüssen und dem Unterhaltstitel herzustellen, wenn während des Laufens der Vorschüsse der Unterhaltsbeitrag erhöht wird.
Nach § 19 Abs 3 UVG idF FamRÄG 2009 gilt als Änderung der Vorschüsse iSv Abs 1 und 2 auch, wenn die Vorschüsse zunächst aufgrund des § 4 Z 4 oder einer einstweiligen Verfügung gewährt werden und danach der Unterhaltsbeitrag (endgültig) festgesetzt wird. Der Gesetzgeber verfolgte mit der mit dem FamRÄG 2009 eingefügten Bestimmung des § 19 Abs 3 UVG zwei Ziele: Zum einen sollte die hRsp korrigiert werden, wonach im Fall einer Vorschussgewährung aufgrund einer einstweiligen Verfügung nach § 382a EO die endgültige Titelfestsetzung keinen Grund für eine Vorschusserhöhung darstellt. Zum anderen sollte mit § 19 Abs 3 UVG die Absicherung der Kinder für die Dauer der Titelverfahren verbessert und damit das gesetzgeberische Ziel des FamRÄG 2009, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt Vorschussleistungen zu gewähren, erreicht werden, und zwar gegebenenfalls durch Ermöglichung einer Nachzahlung der Differenz zwischen dem vorläufigen und dem „endgültig“ festgesetzten Unterhalt, um den „Ausfall“ von Unterhaltsleistungen ex post auszugleichen.
Um das Ziel des Gleichlaufs zwischen Unterhaltserhöhung und Vorschusserhöhung und der Auszahlungskontinuität der Vorschussleistungen zu erreichen, nimmt der Gesetzgeber nunmehr bewusst eine Begünstigung von Vorschüssen in Kauf, die auf der Grundlage einer Vorschussgewährung nach § 4 Z 4 UVG in verhältnismäßig einfacher Weise erlangt und erhöht werden können, wobei mit der Anpassung der Vorschüsse nach § 4 Z 4 UVG nicht nur eine betragsmäßige Änderung, sondern auch eine Änderung des Vorschussgrundes verbunden ist. Auch in diesem Fall des § 19 Abs 3 UVG ändert sich mit der Anpassung der Höhe an den Titel die Gewährungsdauer nicht. Durch eine Einstellung der Vorschussgewährung, neuerliche Antragstellung und nachfolgende Neugewährung von Unterhaltsvorschüssen wäre die vom Gesetzgeber bezweckte Auszahlungskontinuität jedenfalls unterbrochen.
Daher widerspricht die (dort vom Erstgericht vorgenommene) Einstellung der dem Kind gem § 4 Z 4 UVG gewährten Unterhaltsvorschüsse wegen rechtskräftiger Beendigung des Abstammungsfeststellungsverfahrens und des Unterhaltsverfahrens der durch das FamRÄG 2009 eingefügten Bestimmung des § 19 Abs 3 UVG: Wurde doch bereits in der Entscheidung 10 Ob 86/10k darauf hingewiesen, dass § 19 Abs 3 UVG idF FamRÄG 2009 nunmehr auch in den Fällen der Vorschussgewährung nach § 4 Z 4 UVG die rückwirkende Erhöhung des Vorschusses auf die endgültige Titelhöhe ermöglicht, was bis dahin nicht der Fall war. Mit dieser nunmehr möglichen Anpassung der Höhe der Unterhaltsleistung an den Titel ist keine Änderung der Gewährungsdauer oder Unterbrechung des Unterhaltsvorschussbezugs verbunden.