VwGH: § 29 Z 1 EStG – zur Frage, ob die monatlichen Bezüge aus einer Schadenersatzrente in Höhe der Kosten einer Ersatzkraft für entgangene Beistandsleistungen des Verstorbenen einkommensteuerpflichtig sind
Dass eine wiederkehrende Zahlung eine Abgeltung für die durch ein Schadenereignis notwendigen erhöhten persönlichen Anstrengungen oder für immaterielle Schäden darstellen mag, hindert eine Steuerpflicht nicht; Anderes kann gelten, wenn die Rente einen zwangsläufigen Mehrbedarf, wie er insbesondere im Falle einer Behinderung besteht, abdeckt
§ 29 EStG
GZ 2009/15/0148, 18.10.2012
Die Beschwerde bringt vor, dass der durch den Unfalltod des unterhaltsverpflichteten Ehegatten verursachte Unterhaltsschaden einerseits aus dem Wegfall des Einkommens des Ehegatten (Barunterhaltsschaden) und andererseits aus dem "Haushaltsführungsschaden" wegen entgangener Beistandsleistungen des Verstorbenen (Naturalunterhalt) bestehe. Letzterer werde von einer "Dienstleistungs- oder Mehrbedarfsrente" ausgeglichen, die kein Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen iSd EStG sei, sondern vielmehr die Naturalleistungen des Unterhaltsschuldners, wie Gartenarbeit, Haushaltstätigkeiten, Reparaturarbeiten, Rasenmähen, Sanierungsarbeiten oder Heckenschneiden ersetze. Diese ersetzten Leistungen wären ohne Ableben des Unterhaltsverpflichteten ebenfalls nicht zu versteuern gewesen.
Die belangte Behörde weist demgegenüber darauf hin, dass durch den finanziellen Bezug der als Ausgleich für den Naturalunterhalt gezahlten Rente eine "Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" für die Bf eingetreten sei. Die Bf habe keine kostenpflichtige Hilfe von dritter Seite in Anspruch genommen, sondern die bisher vom verstorbenen Ehegatten erbrachten Leistungen nunmehr selbst erbracht.
VwGH: Gem § 29 Z 1 EStG sind "wiederkehrende Bezüge" als sonstige Einkünfte steuerbar. § 29 Z 1 EStG bildet dabei einen Sondertatbestand, der bloß an den wiederkehrenden Zufluss von Bezügen, die allerdings auf einer einheitlichen Rechtsgrundlage beruhen müssen, anknüpft.
Grundsätzlich reicht nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes für die Steuerbarkeit nach § 29 Z 1 EStG somit ein wiederkehrendes Element im beschriebenen Sinne. Ob die Rentenzahlungen bisherige Einnahmen ersetzen oder aus welchem Motiv heraus sie erbracht werden, ist dabei irrelevant. Der Gesetzgeber sieht nämlich in der gesicherten Wiederkehr von Einnahmen aus einem einheitlichen Rechtsgrund bereits die Steigerung der Leistungsfähigkeit, die eine Steuerpflicht rechtfertigt. Dass eine wiederkehrende Zahlung eine Abgeltung für die durch ein Schadenereignis notwendigen erhöhten persönlichen Anstrengungen oder für immaterielle Schäden darstellen mag, hindert eine Steuerpflicht demnach nicht. Wie Stoll zu Recht hervorhebt, erfasst § 29 Z 1 EStG - schon aufgrund seiner Subsidiarität innerhalb der sieben Einkunftsarten - gerade solche Einkünfte, die mit einer Erwerbstätigkeit in keinem Zusammenhang stehen, also außerhalb der Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 1 bis 6 EStG anfallen und voraussetzungsgemäß außerhalb deren Bereiche in der persönlichen Sphäre ihren Grund haben, jedoch Rentenform aufweisen.
Von dieser Steuerpflicht machte der VfGH in seinem die sog Mehrbedarfsrente einer behinderten Person betreffenden Erkenntnis vom 7. Dezember 2006, B 242/06, dahingehend eine Ausnahme, dass eine Besteuerung von wiederkehrenden Bezügen allein auf Grund der Rentenform dann gleichheitswidrig sei, wenn ihr nicht ein Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit entspreche. Der VfGH rekurrierte dabei auf Sachverhaltskonstellationen, in denen die wiederkehrend zufließenden Beträge den durch eine Schädigung ausgelösten erhöhten Existenzbedarf des Steuerpflichtigen abdecken. Es geht dabei um einen Mehrbedarf des Steuerpflichtigen, der dem Grunde nach die Voraussetzungen der außergewöhnlichen Belastung nach §§ 34, 35 EStG erfüllt. Solcherart bringt der VfGH in seinem Erkenntnis auch zum Ausdruck, die Nichterfassung der Rente im Rahmen der Einkünfte habe zur Folge, dass auch der damit abgedeckte Mehrbedarf nicht als außergewöhnliche Belastung in Abzug zu bringen ist.
Der gegenständliche Fall ist nicht jenem vergleichbar, über den der VfGH mit dem zitierten Erkenntnis B 242/06 abgesprochen hat. Die im gegenständlichen Fall strittige Rente deckt nämlich keinen zwangsläufigen Mehrbedarf, wie er insbesondere im Falle einer Behinderung besteht. Solcherart ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde steuerpflichtige Bezüge iSd § 29 Z 1 EStG angenommen hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Bf die in der Gegenschrift der belangten Behörde angesprochene "kostenpflichtige Hilfe von dritter Seite" in Anspruch genommen hat oder nicht.