28.01.2013 Verfahrensrecht

OGH: Übertragung der Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gem § 111 JN

Offene Anträge können nur dann bedeutsam sein, wenn das Wohl des Kindes aus besonderen Gründen von dem bisher befassten Gericht wirksamer beachtet werden kann, etwa weil dem übertragenden Gericht eine besondere Sachkenntnis zukommt


Schlagworte: Zuständigkeit, Übertragung, Außerstreitverfahren, Pflegschaftssache, offene Anträge, in einem gemeinschaftlichen Pflegschaftsakt zusammengefasste Verfahren, Kindeswohl
Gesetze:

§ 111 JN

GZ 10 Nc 16/12b, 17.10.2012

 

OGH: Nach § 111 Abs 1 JN kann das zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständige Gericht auch von Amts wegen seine Zuständigkeit ganz oder zum Teil einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Minderjährigen gelegen erscheint. Diese Bestimmung nimmt darauf Bedacht, dass ein örtliches Naheverhältnis zwischen dem Pflegschaftsgericht und dem Pflegebefohlenen idR zweckmäßig und von wesentlicher Bedeutung ist. Es sollen daher bei Kindern die Aufgaben des Pflegschaftsgerichts grundsätzlich von jenem Gericht wahrgenommen werden, in dessen Sprengel der Mittelpunkt ihrer Lebensführung liegt. Nach stRsp des OGH sprechen offene Anträge im Allgemeinen nicht gegen eine Zuständigkeitsübertragung nach § 111 JN. Offene Anträge können nur dann bedeutsam sein, wenn das Wohl des Kindes aus besonderen Gründen von dem bisher befassten Gericht wirksamer beachtet werden kann, etwa weil dem übertragenden Gericht eine besondere Sachkenntnis zukommt.

 

Auch wenn es wegen der Eigenständigkeit der in einem gemeinschaftlichen Pflegschaftsakt zusammengefassten Verfahren grundsätzlich zulässig sein mag, nur einzelne der gemeinschaftlichen Akten an ein anderes Gericht zu übertragen, wird es im Allgemeinen doch im Interesse des Kindeswohls liegen und zweckmäßig sein, dass für die Entscheidung über mehrere offene Anträge in diesem Verfahren ein und dasselbe Pflegschaftsgericht zuständig ist.