19.02.2013 Zivilrecht

OGH: Haftung des Pistenbetreibers (iZm Unfall mit Pistengerät)

Aufgrund der besonderen Gefährlichkeit und Schadensträchtigkeit des Fahrens mit Pistengeräten während aufrechten Schibetriebs ist an der Auffassung, wonach ein Verschulden des Pistenhalters auch darin begründet sein kann, dass die Fahrt eines Pistengeräts nicht unumgänglich notwendig war, - trotz Kritik in der Lehre - festzuhalten


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Pistenbetreiber, Haftung, Pistengerät, Verkehrssicherungspflicht, (unumgängliche) Notwendigkeit der gefährlichen Fahrt, Mitverschulden
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1304 ABGB

GZ 2 Ob 54/12y, 07.08.2012

 

Die Kläger begehren vom beklagten Seilbahnbetrieb Schadenersatz aufgrund eines Schiunfalls.

 

OGH: Ob die Verschuldensteilung angemessen ist, ist eine bloße Ermessensentscheidung, bei welcher im Allgemeinen - von einer krassen Verkennung der Rechtslage abgesehen - eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu lösen ist.

 

Der Senat hat in der Entscheidung 2 Ob 30/10s festgehalten, dass ein Pistengerät, das auf einer von Schifahrern frequentierten Piste bergwärts fahre, eine besondere Gefahrenquelle darstelle, va wenn es von entgegenkommenden Schifahrern infolge der örtlichen Verhältnisse längere Zeit nicht wahrgenommen werden könne. In solchen Fällen sei zwar für den Lenker des Pistenfahrzeugs „äußerste Vorsicht“ geboten. Zeitlich (und logisch) vorgelagert sei aber schon die Beurteilung der Frage der (unumgänglichen) Notwendigkeit der gefährlichen Fahrt unter den konkreten Umständen. Dabei sei dem Pistenhalter zweifellos ein gewisser Ermessensspielraum einzuräumen. Wie jeden Verkehrssicherungspflichtigen treffe ihn jedoch die Beweislast dafür, dass er die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe. Diese könnten auch in der Unterlassung einer nicht notwendigen Fahrt mit einem Pistenfahrzeug bestehen.

 

Aufgrund der besonderen Gefährlichkeit und Schadensträchtigkeit des Fahrens mit Pistengeräten während aufrechten Schibetriebs ist an dieser Auffassung, wonach ein Verschulden des Pistenhalters auch darin begründet sein kann, dass die Fahrt eines Pistengeräts nicht unumgänglich notwendig war, - trotz Kritik in der Lehre - festzuhalten.

 

Im vorliegenden Fall spielt jedoch der Umstand, dass der Einsatz des Pistengeräts nicht unumgänglich war, für die Abwägung des - der Beklagten zurechenbaren - Verschuldens des Fahrers des Pistengeräts nur eine untergeordnete Rolle. Entscheidender ist, dass der Fahrer eine Route gewählt hat, die eine Gefahrenstelle (Geländekuppe mit Sichteinschränkung) einschließt, ohne für eine entsprechende Absicherung (etwa Absperrung) zu sorgen. Demgegenüber ist das Verschulden des Erstklägers iZm der Verletzung des Gebots des Fahrens auf Sicht - auch ohne Rücksicht auf sein jugendliches Alter - weniger schwerwiegend.

 

Der Senat hält daher die vom Berufungsgericht vorgenommene Verschuldensteilung im Ausmaß von 1:2 zu Lasten der Beklagten für vertretbar. Jedenfalls liegt keine grobe Fehlbeurteilung vor.