OGH: Wechsel der Versicherung – Verschulden des Versicherungsmaklers und Haftung nach § 43a VersVG
Der Versicherungsmaklers ist dann verpflichtet, durch eine Klausel iSe „Verschlechterungsverbots oder andere Vorkehrungen“ auszuschließen, dass dem Versicherten ein Nachteil entsteht, wenn der Wechsel der Versicherung vom Makler vorgeschlagen sowie abgewickelt wurde und er persönlich davon profitierte; wenn er im wirtschaftlichen Naheverhältnis nach § 43a VersVG zur Beklagten stand, haftete sie für das Verschulden dieses Vermittlers wie für ihr eigenes
§ 43a VersVG
GZ 7 Ob 236/12z, 23.01.2013
Die Revisionswerberin bringt vor, der „Pseudoversicherungsmakler“ hätte ein Verbot der Schlechterstellung in den Versicherungsantrag aufnehmen müssen, um eine Deckungslücke zu vermeiden. Die Beklagte habe gem § 43a VersVG für sein schadensstiftendes Verhalten einzustehen und die Klägerin so zu stellen, wie sie als Kunde bei rechtmäßigem Alternativverhalten stünde.
OGH: Berechtigung kommt den Revisionsausführungen insoweit zu, als das Erstgericht dem Klagebegehren mit der Begründung stattgab, selbst wenn man davon ausgehe, dass kein von der Beklagten zu deckender Versicherungsfall vorliege, bestünde deren Haftung aus dem Titel des Schadenersatzes im Umfang der zuerkannten Versicherungsleistung zu Recht, weil die Beklagte das Entstehen dieser „Versicherungslücke“ (also die fehlende Deckungspflicht des Nachversicherers) zu vertreten habe:
Sollte der Klägerin daraus ein Nachteil entstehen, wäre dies nach den Feststellungen des Ersturteils nämlich auf ein Verschulden des Versicherungsmaklers zurückzuführen, der jedenfalls dann dazu verpflichtet war, dies durch eine Klausel iSe „Verschlechterungsverbots oder andere Vorkehrungen“ auszuschließen, wenn der Wechsel der Versicherung - wie hier - vom Makler vorgeschlagen sowie abgewickelt wurde und er persönlich davon profitierte. Wenn er - nunmehr unstrittig - im wirtschaftlichen Naheverhältnis nach § 43a VersVG zur Beklagten stand, haftete sie für das Verschulden dieses Vermittlers wie für ihr eigenes.
Mit dieser starken Betonung von Treu und Glauben wird der Tatsache Rechnung getragen, dass jeder der beiden Vertragspartner eines Versicherungsvertrags deshalb in besonderem Maß auf die Unterstützung durch den anderen angewiesen ist, weil er ihm in der einen oder anderen Weise unterlegen ist: Der Versicherungsnehmer verfügt allein über die Kenntnis für den Vertragsabschluss und die Schadensabwicklung wesentlicher Umstände; der Versicherer ist dem Versicherungsnehmer überlegen durch die Beherrschung der Versicherungstechnik, seine Geschäftskunde und seine umfangreichen Erfahrungen, wegen der Sachverständigen aller Gebiete, deren er sich bedienen kann.
Die Klägerin brachte dazu - im Hinblick auf das Naheverhältnis nach § 43a VersVG zwischen J***** L***** und der Beklagten - vor, der Makler hätte diese „gängige“ Klausel einzubeziehen gehabt, wonach aus dem Wechsel des Versicherungsvertrags kein Schaden entstehen dürfe und der Kunde vom Nachversicherer so gestellt werde, „wie er stünde, wenn der Vertrag beim Vorversicherer noch bestünde“. Bei Einschluss einer solchen Klausel genösse die Klägerin unzweifelhaft Versicherungsschutz; die schuldhafte Unterlassung des J***** L***** sei daher kausal für die nunmehrige Deckungsverweigerung. Mit dieser Begründung macht die Klägerin den durch die fehlende Deckungspflicht des Nachversicherers erlittenen Schaden geltend.
Der Einwand des Berufungsgerichts, eine „Deckungslücke“ könne gar nicht bestehen, weil bei „zeitlichem Hintereinanderfolgen“ verschiedener Versicherer auch bei einem gedehnten Versicherungsfall jedenfalls die Haftung eines dieser beiden Versicherer gegeben sein müsse, geht ins Leere. Es wäre vielmehr zu prüfen gewesen, ob der Vorversicherer aus dem vorliegenden Versicherungsfall Deckungsschutz zu gewähren gehabt hätte, sodass - bei rechtmäßigem Verhalten des Maklers - (auch) die Beklagte deckungspflichtig geworden wäre.
Da nach den diesbezüglichen - in der Berufung der Beklagten jedoch bekämpften Feststellungen - von einem pflichtwidrigen Verhalten des Vermittlers auszugehen wäre, für das die Beklagte nach § 43a VersVG einzustehen hätte, liegt hier eine vom Berufungsgericht nicht erledigte Beweisrüge vor. Um diese Frage abschließend beurteilen zu können, bedarf es der Erledigung dieser Beweisrüge.