06.03.2013 Verfahrensrecht

VwGH: Anberaumung einer mündlichen Verhandlung - zum Verlust der Parteistellung iSd § 42 Abs 1 AVG

Die Parteistellung wird im vollen Umfang gewahrt, wenn / soweit rechtzeitig auch nur eine (taugliche) Einwendung erhoben wurde


Schlagworte: Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, Verlust der Parteistellung, (taugliche) Einwendung, rechtzeitig
Gesetze:

§ 42 Abs 1 AVG, § 41 AVG

GZ 2010/05/0024, 15.05.2012

 

VwGH: Gem § 41 Abs 1 AVG hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.

 

Gem § 42 Abs 1 AVG hat, wenn eine mündliche Verhandlung gem § 41 Abs 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gem § 41 Abs 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gem § 42 Abs 1 AVG kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge gem § 42 Abs 2 AVG nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.

 

Der Bf wurde unbestritten zu der Verhandlung am 7. Juli 2008 persönlich geladen. Die Ladung zur Verhandlung war (entgegen der im Zeitpunkt der Anberaumung der Verhandlung geltenden Fassung des § 42 Abs 1 AVG gem der AVG-Novelle BGBl I Nr 5/2008) allerdings mit dem Hinweis erfolgt, dass die Parteien, "wenn" sie nicht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung oder in der mündlichen Verhandlung Einwendungen erheben, "insoweit" ihre Parteistellung verlieren. Der VwGH hat im Erkenntnis vom 31. Jänner 2008, 2007/06/0203, zur vorherigen Fassung des § 42 Abs 1 AVG (BGBl I Nr 10/2004), die angeordnet hatte, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt, die Auffassung vertreten, aus der Formulierung "wenn sie nicht Einwendungen erhebt" könne schon rein sprachlich nicht abgeleitet werden, dass die Parteistellung nur im Umfang der rechtzeitig erhobenen Einwendungen erhalten bleibe und somit neue Einwendungen später nicht nachgetragen werden könnten, zumal auch nach allgemeinen Grundsätzen Vorschriften, die Parteienrechte beschränken (könnten), im Zweifel restriktiv auszulegen seien. Bei Vollziehung des § 42 Abs 1 AVG in dieser (vormaligen) Fassung behält der Nachbar seine Parteistellung im vollen Umfang, wenn er rechtzeitig auch nur eine (taugliche) Einwendung erhoben hat. Er kann somit mangels gesetzlichen Verbotes im fortgesetzten Verfahren wirksam weitere Einwendungen nachtragen. Beiden Textfassungen des § 42 Abs 1 AVG ist aber gemeinsam, dass die Parteistellung nur beibehalten wird, wenn überhaupt taugliche Einwendungen im Rechtssinn erhoben wurden.

 

Der Bf hat in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2008 allerdings ausdrücklich erklärt, keine Einwände zu erheben, und dies auch der Sache nach nicht getan. Im vorliegenden Fall ist es daher nicht von Bedeutung, dass in der Ladung das Wort "wenn" anstelle des Wortes "soweit" verwendet wurde, da der Bf somit im Hinblick auf § 42 Abs 1 AVG seine Parteistellung damit jedenfalls verloren hat. Der angefochtene Bescheid erging daher zu Recht, woran auch eine allfällige Rechtswidrigkeit der Baubewilligung selbst, mag diese auch in Nachbarrechte eingreifen, nichts zu ändern vermag.