VwGH: Wiederaufnahme – neu hervorgekommene Tatsachen iSd § 303 BAO
Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - auch wenn diese späteren rechtlichen Erkenntnisse (neuen Beurteilungskriterien) durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rsp gewonnen werden - sind keine Tatsachen iSd § 303 Abs 1 lit b BAO
§ 303 BAO
GZ 2012/15/0147, 22.11.2012
Der Bf bringt vor, die Ansicht der belangten Behörde, wonach beim gegebenen Sachverhalt die Voraussetzungen einer beantragten Wiederaufnahme des Verfahrens gem § 303 BAO nicht gegeben seien, erweise sich als unzutreffend. Wenn in einem Erlass des Bundesministers für Finanzen genaue Regelungen getroffen bzw geändert würden, müsse dies nach Ansicht des Bf zu einer Wiederaufnahme nach § 303 BAO führen. Der Bf verweist hiezu auf das Erkenntnis vom 4. Juni 2009, 2004/13/0083.
VwGH: Tatsachen iSd § 303 BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - auch wenn diese späteren rechtlichen Erkenntnisse (neuen Beurteilungskriterien) durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rsp gewonnen werden - sind keine derartigen Tatsachen. Schon deshalb kann der nach Ergehen des das Einkommensteuerverfahren abschließenden Abgabenbescheides eingetretene Umstand, dass die Einkommensteuerrichtlinien eine Änderung erfahren haben, keine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 303 BAO darstellen. Entgegen der Ansicht des Bf ist dem Erkenntnis vom 4. Juni 2009, 2004/13/0083, in keiner Weise zu entnehmen, dass durch das Ergehen oder die Änderung von Erlässen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs 1 lit b BAO erfüllt würden.