11.03.2013 Zivilrecht

OGH: Zur Frage der Haftung eines Schiliftunternehmens im Kartenverbund

Im Regelfall ist anzunehmen, dass der Erwerb von Schiliftkarten bei einem bestimmten Seilbahnunternehmen zu einem Vertragsverhältnis (nur) mit diesem Unternehmen führt; der Wille, (ganz oder teilweise) im Namen eines anderen Unternehmens zu handeln, müsste ausdrücklich erklärt werden oder aus den Umständen erkennbar sein; im Zweifel ist ein Eigengeschäft des Handelnden - hier des Unternehmens, dessen Liftkarten zum Befahren des gesamten Schigebiets berechtigen - anzunehmen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Pistenbetreiber, Schiliftunternehmen, Kartenverbund, Wegehalterhaftung
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1319a ABGB

GZ 6 Ob 13/13z, 31.01.2013

 

Die Beklagte und zwei weitere Schiliftbetreiber im Schigebiet N haben sich zu einem Kartenverbund zusammengeschlossen und treten den Kunden gegenüber als Einheit auf. Die ausgegebenen Schiliftkarten der drei Unternehmen unterscheiden sich nicht; für die Kunden ist nicht erkennbar, mit welchem der drei Unternehmen sie kontrahieren. Der Kläger erwarb eine derartige Karte in einem Hotel am N.

 

OGH: Der OGH hat bereits klargestellt, dass die Frage, wer aus einem Beförderungsvertrag für die mangelhafte Pistensicherung im Gebiet eines Verbundes an Schigebieten haftet, nicht abstrakt beantwortet werden kann. Entscheidend ist, mit wem der Vertrag über die Nutzung der Beförderungsanlagen geschlossen wurde. Das kann eines der Seilbahnunternehmen, das können aber auch mehrere oder alle Unternehmen oder eine zum Betrieb des Kartenverbundes gegründete Gesellschaft sein. Mit wem der Vertrag zustande kam, ist dabei nach allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Nach der auch insofern anwendbaren Lehre vom objektiven Empfängerhorizont ist maßgebend, wen der Kunde für seinen Vertragspartner halten musste. Wenn Mitarbeiter offenkundig im Namen eines bestimmten Unternehmens handeln, berechtigen und verpflichten sie grundsätzlich den jeweiligen Unternehmensträger. Im Regelfall ist daher anzunehmen, dass der Erwerb von Schiliftkarten bei einem bestimmten Seilbahnunternehmen zu einem Vertragsverhältnis (nur) mit diesem Unternehmen führt. Der Wille, (ganz oder teilweise) im Namen eines anderen Unternehmens zu handeln, müsste ausdrücklich erklärt werden oder aus den Umständen erkennbar sein; im Zweifel ist ein Eigengeschäft des Handelnden - hier des Unternehmens, dessen Liftkarten zum Befahren des gesamten Schigebiets berechtigen - anzunehmen. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Entscheidung auf die Grundsätze dieser Rsp gestützt. Seine daraus abgeleitete Bejahung einer Haftung der Beklagten ist durchaus vertretbar.

 

Dass der Kläger die Schiliftkarte in einem Hotel erworben hat, ändert angesichts der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen nichts. Die Beklagte hat im Verfahren erster Instanz nicht einmal behauptet, dass tatsächlich ein Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Hotelbetreiber zustandegekommen wäre; sie hat lediglich auf die ihrer Ansicht nach bestehende Wegehalterhaftung eines anderen Schiliftunternehmens verwiesen.

 

Dass die Beklagte nach dem Unfall, aber noch vor Einleitung dieses Verfahrens dem Kläger ein anderes Schiliftunternehmen als verantwortlicher Wegehalter hinsichtlich der konkreten Unfallstelle bekannt gegeben hat, ist ebenso unbeachtlich. Der OGH hat bereits ausdrücklich festgehalten, dass die „eindeutige“ Offenlegung eines Handelns für ein anderes Unternehmen „vor Erwerb der Liftkarte“ zu erfolgen hat.