11.03.2013 Zivilrecht

OGH: Haftung des Schiliftbetreibers

Ein eine gut präparierte Piste benutzender Schifahrer muss nicht damit rechnen, dass bei Ansetzen eines Schwungs plötzlich die Piste unter ihm einbricht; für ein derartiges Ereignis hat vielmehr der Schiliftbetreiber (der mit dem Schifahrer ja einen entgeltlichen Vertrag abgeschlossen hat) jedenfalls dann einzustehen, wenn der Einbruch keine natürliche Ursache hatte, sondern auf Baumaßnahmen des Schiliftbetreibers zurückzuführen war


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Schiliftbetreiber, Wegehalterhaftung
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1319a ABGB

GZ 6 Ob 13/13z, 31.01.2013

 

Der Kläger kam zu Sturz (und verletzte sich dabei), weil die an sich gut präparierte Schipiste unter ihm einbrach, als er zu einem Schwung ansetzte, wodurch er regelrecht nach vorne ausgehoben wurde. Der Einbruch erfolgte aufgrund einer unterhalb der präparierten Schipiste verlaufenden 2 m breiten und 40 cm tiefen Wasserrinne, in welcher sich aufgrund Regens und Tauwetters Wasser unterhalb der Schneedecke gebildet hatte; dadurch war es zu einer Aushöhlung gekommen. Diese Aushöhlung war optisch weder für den Kläger noch den Pistendienst erkennbar; dazu müssten von letzterem flächendeckende Sondierungen durchgeführt werden, welche auf touristisch genutzten Pisten weder üblich noch möglich sind, zumal dies einen Arbeitsaufwand von einer Stunde pro Pistenkilometer erfordern würde. Die Wasserrinne leitet Oberflächenwasser von einem am Pistenrand gelegenen Parkplatz ab und ist dem von der Beklagten als Wegehalter bezeichneten Schiliftunternehmen bekannt. Ingesamt gibt es am N etwa 400 derartige Wasserrinnen; eine Verpflichtung zur Verrohrung von Wasserrinnen besteht nicht.

 

OGH: Nach stRsp des OGH bedeutet die den Pistenhalter treffende Pistensicherungspflicht zwar nicht die Verpflichtung, den Schifahrer vor jeder möglichen Gefahr zu schützen, die ihm von der Piste her droht, würde doch eine solche Forderung dem Pistenhalter unerträgliche Lasten aufbürden, die in keinem vertretbaren Verhältnis zum Schutzeffekt stünden; eine vollkommene Verkehrssicherung ist weder auf Skipisten noch sonstwo zu erreichen. Allerdings sind der Pistenhalter und seine Leute zur Ergreifung entsprechender Schutzmaßnahmen nur dann verpflichtet, wenn den Skifahrern atypische, also solche Gefahren drohen, die unter Bedachtnahme auf das Erscheinungsbild und den angekündigten Schwierigkeitsgrad der Piste auch für einen verantwortungsbewussten Schifahrer unerwartet auftreten oder schwer abwendbar sind. Das gilt jedenfalls für solche Hindernisse, die der Schifahrer nicht ohne weiteres erkennen oder die er trotz Erkennbarkeit nur schwer vermeiden kann. Für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht ist das Verhältnis zwischen Größe und Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihre Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewussten Pistenbenützers und andererseits durch den Pistenhalter mit den nach der Verkehrsanschauung adäquaten Mitteln maßgebend.

 

Das Berufungsgericht hat sich an den Grundsätzen dieser Rsp orientiert. Die Annahme einer - grundsätzlichen - Haftung der Beklagten für die vom Kläger erlittenen Unfallsfolgen begegnet allein schon deshalb keinen Bedenken, war doch die atypische Gefahrenquelle nach den Feststellungen der Vorinstanzen optisch weder für den Kläger noch für den Pistendienst erkennbar; dem für die konkrete Unfallstelle verantwortlichen Wegehalter war allerdings die Existenz derartiger Wasserrinnen bekannt. Hingegen muss ein eine gut präparierte Piste benutzender Schifahrer nicht damit rechnen, dass bei Ansetzen eines Schwungs plötzlich die Piste unter ihm einbricht. Für ein derartiges Ereignis hat vielmehr der Schiliftbetreiber (der mit dem Schifahrer ja einen entgeltlichen Vertrag abgeschlossen hat) jedenfalls dann einzustehen, wenn der Einbruch keine natürliche Ursache hatte, sondern auf Baumaßnahmen des Schiliftbetreibers zurückzuführen war.