20.03.2013 Verfahrensrecht

VwGH: Besachwalteter als Vertreter iSd § 10 AVG

Im Fall der Einbringung eines Rechtsmittels durch eine als Vertreter auftretende, mangels Eigenberechtigung gem § 10 Abs 1 AVG von der Vertretung ausgeschlossene, Person ist ein Verbesserungsauftrag nicht an die zur Vertretung nicht befugten Personen, sondern an die Partei selbst zu richten; diese ist in einem solchen Fall als Einschreiter iSd § 13 Abs 3 AVG anzusehen


Schlagworte: Vertreter, Sachwalterschaft, geschäftsunfähige Person, Mängelbehebungsauftrag
Gesetze:

§ 10 AVG, § 13 AVG, §§ 268 ff ABGB

GZ 2011/01/0231, 11.10.2012

 

VwGH: Gem § 10 Abs 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

 

Gem § 10 Abs 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen.

 

Gem § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

 

Die Beschwerde bringt vor, nach dem Vorfall in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember 2010 habe einer der Betroffenen Herrn S als "lawyer" zu Hilfe gerufen. Dem Bf sei dieser als Rechtsanwalt und leitender Mitarbeiter eines Menschenrechtsvereines vorgestellt worden, sodass er ihn - wie auch andere Personen - mit der Beschwerdeerhebung beauftragt habe. Herr S habe ihm in der Folge auch mitgeteilt, dass er Beschwerde erhoben bzw das schriftliche Vorbringen des Bf als Beschwerde an die belBeh weitergeleitet habe.

 

Tatsächlich sei der als Parteienvertreter aufgetretene S (mit Beschluss des BG Innere Stadt zur Zl. 59 P 105/04g) besachwaltet und scheide daher schon wegen des Fehlens der von § 10 Abs 1 AVG geforderten Eigenberechtigung als Parteienvertreter aus. Er sei auch nicht Rechtsanwalt. Die belBeh hätte den Verbesserungsauftrag somit nicht dem besachwalteten Herrn S zustellen dürfen, sondern diesen - ebenso wie den vor dem VwGH angefochtenen Bescheid - an den Bf selbst richten müssen, der die Beschwerde in diesem Fall gesetzmäßig verbessert hätte.

 

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht.

 

Wie die belBeh in ihrer Gegenschrift zur hg Zl 2011/01/0229 (auf die sie in der Gegenschrift zur gegenständlichen Beschwerde verweist) unter Zitierung des Beschlusses des BG Innere Stadt vom 15. September 2011, mit dem die ursprünglich mit Beschluss vom 21. Jänner 2005 verfügte Sachwalterschaft ausgeweitet wurde, zugesteht, war der vom Bf beauftragte Vertreter zum Zeitpunkt der Einbringung der Maßnahmenbeschwerde (und der Zustellung des Verbesserungsauftrages) besachwaltet, wobei der Aufgabenkreis des Sachwalters (ua) die Angelegenheiten Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern, Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten sowie Vertretung vor privaten Vertragspartnern umfasste.

 

Damit fehlte diesem aber die von § 10 Abs 1 AVG geforderte Eigenberechtigung im Hinblick auf die Vertretung des Bf vor der belBeh, war er doch zur eigenen Willensbildung im Hinblick auf den Verkehr mit Behörden nicht fähig. Dies wäre aber zur wirksamen Vertretung notwendig, zumal für das Vertretungsverhältnis kennzeichnend ist, dass der Vertreter anstelle des Vertretenen und mit Wirkung für diesen eine eigene Erklärung abgibt, also selbst den Willen bildet.

 

Davon ausgehend ging der an eine insoweit geschäftsunfähige Person gerichtete Verbesserungsauftrag ins Leere, weshalb sich die auf dessen Nichterfüllung gestützte Zurückweisung der Maßnahmenbeschwerde als rechtswidrig erweist.

 

Vielmehr hätte die belBeh - ausgehend davon, dass eine Vertretung des Bf durch den Einschreiter S gem § 10 Abs 1 AVG nicht in Betracht kam - im Grunde des § 13 Abs 3 AVG den Bf selbst zur Verbesserung der Beschwerde auffordern und an diesen einen Verbesserungsauftrag richten müssen.

 

Zu einer insoweit vergleichbaren Konstellation hat der VwGH bereits in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Jänner 1985, 83/05/0073, dargelegt, dass im Fall der Einbringung eines Rechtsmittels durch einen Winkelschreiber oder eine damals von der Vertretung gem § 10 Abs 1 AVG ausgeschlossene juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechts ein Verbesserungsauftrag nicht an die zur Vertretung nicht befugten Personen, sondern an die Partei selbst zu richten ist. Diese ist in einem solchen Fall als Einschreiter iSd § 13 Abs 3 AVG anzusehen. Nichts anderes kann für den hier vorliegenden Fall gelten, dass die als Vertreter auftretende Person mangels Eigenberechtigung gem § 10 Abs 1 AVG von der Vertretung ausgeschlossen ist.

 

Auf die (Un-)Kenntnis der belBeh von der fehlenden Eigenberechtigung der als Vertreter auftretenden Person kommt es insofern nicht an.