VwGH: Anerkennung von Aufwendungen – zur Empfängernennung gem § 162 BAO
Es dürfen dem Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden; "offenbar unerfüllbar" sind derartige Aufträge aber nur dann, wenn eine unverschuldete, tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliegt
§ 162 BAO, § 16 EStG, § 4 Abs 4 EStG, § 114 BAO, Art 18 B-VG, § 20 BAO
GZ 2008/15/0265, 22.11.2012
VwGH: Nach § 162 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gem Abs 1 verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nach § 162 Abs 2 leg cit nicht anzuerkennen.
§ 162 BAO beruht auf dem Grundsatz, dass das, was bei dem einen Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von Betriebsausgaben (Werbungskosten) trotz feststehender sachlicher Berechtigung abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu besteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Steuerpflichtige den Empfänger konkret genannt hat. Es dürfen allerdings dem Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden. "Offenbar unerfüllbar" sind derartige Aufträge aber nur dann, wenn eine unverschuldete, tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliegt. Es darf jedoch nicht in der Macht des Steuerpflichtigen gestanden sein, die tatsächlichen Umstände, die ihn an der Bezeichnung der Empfänger hindern, abzuwenden.
Die Beschwerde rügt, dass die Aufforderung nach § 162 Abs 1 BAO nicht schon zu Beginn der Prüfung der Abgabenerklärungen erfolgt sei. Es liege in der Natur der Sache, dass Ergänzungen und Auskünfte umso schwieriger erteilt werden könnten, je länger der maßgebliche Zeitpunkt zurückliege. Im Beschwerdefall sei die Aufforderung erst "nach Abführung eines Verfahrens", das zunächst zur Erlassung vorläufiger Bescheide geführt habe, ergangen. Da die Umstände dritte Personen beträfen ("damals beschäftigte Dritte als wissenschaftliche Mitarbeiter"), könne dem Bf nicht angelastet werden, dass ihm die abverlangte Auskunft "nun nicht mehr möglich ist, schon gar nicht ohne fremde Hilfe."
Mit diesem Vorbringen zeigt der Bf keine besonderen Umstände auf, die die Aufforderung zur Empfängerbenennung nach § 162 BAO gerade im Beschwerdefall als rechtswidrig erkennen ließen. Auf § 162 BAO gestützte Aufträge beziehen sich stets auf "dritte Personen", nämlich die Vertragspartner des Steuerpflichtigen. Zu Recht weist die belBeh darauf hin, dass es dem Bf möglich und zumutbar war, sich (schon) anlässlich der Auftragsvergabe und Leistungsentgegennahme über die Identität seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter zu informieren und deren Vor- und Familienname samt Anschrift festzuhalten.
Zum Grundsatz von Treu und Glauben:
Mit dem Unterbleiben einer Aufforderung gem § 162 BAO setzt das Finanzamt kein Verhalten, auf das der Abgabepflichtige ein schutzwürdiges Vertrauen dergestalt gründen könnte, dass auch in Zukunft keine Aufforderung zur Empfängernennung erfolgen werde. Eine Vertrauenslage entsteht auch nicht dadurch, dass der Abgabepflichtige seinen Steuererklärungen Zahlungsbestätigungen anschließt, denen der vollständige Name und die Anschrift des Zahlungsempfängers (Leistungserbringers) nicht entnommen werden kann, zumal derartige Beilagen keineswegs ausschließen, dass der Steuerpflichtige über weitergehende Unterlagen oder Kenntnisse der Person des Leistungserbringers verfügt.