VwGH: Zustellung durch Hinterlegung gem § 17 ZustG – "rechtzeitig" iSd § 17 Abs 3 vierter Satz ZustG
Wenn der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden
§ 17 ZustG
GZ 2010/04/0112, 08.11.2012
VwGH: Im Beschwerdefall kann dahinstehen, ob die Bf an den genannten beiden Tagen nun tatsächlich an der Abgabestelle an- oder abwesend war. Eine Hinterlegung ist auch dann zulässig, wenn der Empfänger an der Abgabestelle anwesend ist, die Zustellung an ihn aber deshalb nicht möglich ist, weil der Zusteller davon keine Kenntnis hatte. Entscheidend ist für eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung vielmehr, dass das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden konnte und der Zusteller gem § 17 Abs 1 ZustG Grund zur Annahme hatte, dass sich die Bf regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Dass dies nicht zugetroffen habe, bringt die Beschwerde nicht vor.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist vielmehr wesentlich, ob sich gem § 17 Abs 3 vierter Satz ZustG ergeben hat, dass die Bf wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. In diesem Fall gelten hinterlegte Dokumente nicht als zugestellt.
Nach der Rsp des VwGH ist "rechtzeitig" iSd § 17 Abs 3 vierter Satz ZustG dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden. In anderen Entscheidungen des VwGH wurde darauf abgestellt, ob der Partei nach den Verhältnissen des Einzelfalles noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels verblieb. In der Rsp des VwGH wurde beispielsweise noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist und bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung sowie bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung des Rechtsmittels von zehn Tagen angenommen.
Dem Vorbringen der Bf folgend ist sie zwei Tage nach Beginn der Abholfrist an die Abgabestelle zurückgekehrt und hat daher bereits ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit der Behebung des erstinstanzlichen Bescheides gehabt.
Ausgehend von dieser Möglichkeit der Behebung des erstinstanzlichen Bescheides ist der Bf noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels verblieben und daher von einer rechtswirksamen Zustellung durch Hinterlegung nach § 17 ZustG auszugehen.