27.05.2013 Zivilrecht

OGH: Zu den Anforderungen an eine Freistellungsvereinbarung nach BTVG

Die Anforderungen an eine Freistellungsvereinbarung richten sich nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen


Schlagworte: Bauträgervertragsrecht, Wohnungseigentum, Freistellung, Freistellungsverpflichtung, Konkurs, Insolvenz, Hypothek, Hypothekargläubiger, Rechtsgeschäft
Gesetze:

§ 7 BTVG, § 9 BTVG, § 12 BTVG, § 863 ABGB

GZ 5 Ob 193/10h, 09.02.2011

 

Die Kläger hatten Eigentumswohnungen gekauft. Der Beklagte war ihr Treuhänder. Er hatte Treuhanderläge weitergeleitet. Die Bauträgerin und die Liegenschaftseigentümerin gingen in Konkurs. Die Hypothekargläubigerin lehnte eine grundbücherliche Lastenfreistellung der Wohnungseigentumsobjekte ab.

 

Der Beklagte hatte aus zwei Schreiben der Hypothekargläubigerin auf eine Freistellungsvereinbarung geschlossen. Aus seiner Sicht hätte mit der Weiterleitung der Treuhanderläge eine Lastenfreistellung erfolgen sollen. Die Vorinstanzen beurteilten die Weiterleitung der Treuhanderläge durch den Beklagten als Pflichtverletzung. Er hätte das Vorhandensein einer Freistellungsverpflichtung der Hypothekargläubigerin überprüfen müssen.

 

OGH: Die Rechtsfrage, welche „inhaltlichen Mindesterfordernisse“ eine Freistellungsvereinbarung aufweisen müsse, um den Anforderungen des § 9 Abs 3 BTVG zu genügen, bedarf im vorliegenden Fall keiner grundsätzlichen Klärung durch das Höchstgericht. Es versteht sich von selbst, dass die nach § 12 Abs 4 BTVG vom Treuhänder zu prüfende Freistellungsverpflichtung des Hypothekargläubigers jedenfalls als solche durchsetzbar sein muss, also letztlich den Hypothekargläubiger zur Einwilligung in die Löschung in grundbuchsfähiger Form verpflichten muss. Die ausreichende Bestimmtheit einer solchen Verpflichtung ist an allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen zu messen.

 

Dass die Vorinstanzen bei Auslegung des Inhalts der beiden Schreiben der Hypothekargläubigerin an den Treuhänder keinen entsprechenden Erklärungs- bzw Bindungswillen und va keinen Verzicht auf die Geltendmachung verbücherter Pfandrechte erkennen konnten, geht in seiner Bedeutung nicht über den vorliegenden Einzelfall hinaus. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung ist schon deshalb nicht erfolgt, weil die Verpflichtung zu einer Lastenfreistellung letztlich immer auf einen Verzicht von Rechten hinausläuft und ein auch konkludenter Verzicht nicht leichtfertig angenommen werden darf (§ 863 ABGB). Welche Bedeutung der Treuhänder den Schreiben der Hypothekargläubigerin zumessen durfte, bestimmt sich auch daran, dass eine Freistellungsverpflichtung zugunsten der Erwerber grundsätzlich zwischen dem Hypothekargläubiger und dem Bauträger abzuschließen ist (§ 9 Abs 3 BTVG), vom Treuhänder zufolge § 12 Abs 4 BTVG aber das Vorhandensein einer solchen Verpflichtung zu prüfen ist. Dass er die Existenz einer bereits gegenüber der Bauträgerin bzw den Erwerbern eingegangenen Freistellungsverpflichtung zugrunde legen konnte, behauptet der Beklagte nicht.