03.06.2013 Zivilrecht

OGH: Zur Haftung gerichtlich bestellter Sachverständiger

Aufgabe des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist es, selbst den Gutachtensauftrag kritisch zu hinterfragen, seine Terminologie klarzustellen und den Beurteilungsgegenstand eindeutig abzugrenzen; es ist auch seine Aufgabe, allenfalls notwendige weitere Unterlagen beizuschaffen und die allfällige Durchführung eines Ortsaugenscheins oder von Beweisaufnahmen anzuregen, die zur Durchführung des Gutachtensauftrags notwendig sind


Schlagworte: Schadenersatzrecht, gerichtlich bestellte Sachverständige, Sorgfaltsverstoß
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, §§ 351 ff ZPO

GZ 6 Ob 51/13p, 08.05.2013

 

OGH: Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger, der im Zivilprozess ein unrichtiges Gutachten erstattet, haftet den Parteien gegenüber persönlich und unmittelbar nach §§ 1295, 1299 ABGB für den dadurch verursachten Schaden. Ob einer Prozesspartei durch ein solches schuldhaftes Fehlverhalten des Sachverständigen ein Schaden entstanden ist, ist danach zu beurteilen, ob die Entscheidung im Vorprozess für die Partei günstiger ausgefallen wäre, wenn der Sachverständige dort ein in allen von ihm begutachteten Fragen richtiges Gutachten abgegeben hätte.

 

Aufgabe des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist es, selbst den Gutachtensauftrag kritisch zu hinterfragen, seine Terminologie klarzustellen und den Beurteilungsgegenstand eindeutig abzugrenzen. Es ist auch seine Aufgabe, allenfalls notwendige weitere Unterlagen beizuschaffen und die allfällige Durchführung eines Ortsaugenscheins oder von Beweisaufnahmen anzuregen, die zur Durchführung des Gutachtensauftrags notwendig sind. Tut er dies nicht, begründet dies ein Verschulden. Es ist Aufgabe des Sachverständigen, aufgrund der einschlägigen Fachkenntnisse jene Methode auszuwählen, die sich zur Klärung der nach dem Gerichtsauftrag jeweils maßgebenden strittigen Tatfragen am besten eignet.

 

Nach den Feststellungen des Erstgerichts liegt aber gerade kein Fehler des Beklagten vor. Dieser hielt mit dem Erstgericht Rücksprache und klärte, dass er bei seinem Gutachten von den von DI R erhobenen Daten ausgehen dürfe. Dass die vom Beklagten gewählte Methode unrichtig oder ungeeignet war hat das Erstgericht nicht festgestellt. Aus dem bloßen Umstand, dass im Vorbefund ein Schreibfehler enthalten war, den der Beklagte nach den Feststellungen des Erstgerichts zutreffend korrigierte, kann entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht abgeleitet werden, dass der Vorbefund „widersprüchliche Daten“ enthalten hätte. Damit liegt aber in Wahrheit kein Sorgfaltsverstoß des Beklagten vor.

 

Aus diesem Grund erübrigen sich die vom Berufungsgericht aufgetragenen weiteren Feststellungen zum hypothetischen Prozessausgang. Vielmehr war die Angelegenheit bereits iSd § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO spruchreif, sodass die klagsabweisende Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen war. Lediglich hinsichtlich der wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesenen Nebengebühren hatte es bei der unbekämpft gebliebenen Zurückweisung durch das Berufungsgericht sein Bewenden.