OGH: Zur konstruktiven Nacherbfolge
Jene Vorschriften, die eine Einschränkung der fideikommissarischen Substitution anordnen, um eine zu lange Bindung des erblasserischen Vermögens zu verhindern (insb § 612 ABGB), können nicht durch Bedingungen und Befristungen umgangen werden; daraus folgt aber allenfalls, dass die Bedingung und mit ihr die fideikommissarische Bindung erlischt, wenn keine Nacherben mehr vorhanden sind, die innerhalb der Schranken des § 612 ABGB den Nachlass noch erwerben könnten
§ 707 ABGB, § 708 ABGB, §§ 608 ff ABGB
GZ 5 Ob 8/13g, 16.05.2013
OGH: Nach dem Wortlaut ist die in Rede stehende Eigentumsbeschränkung als auflösende Bedingung formuliert. Das zugedachte Recht soll verloren gehen, wenn es zum Eintritt der Bedingung, hier der Aufhebung des Ordens in Tirol, kommt. Der Bedingungseintritt bewirkt, dass das Recht nacheinander verschiedenen Personen zufällt und führt damit zu einer sog konstruktiven Nacherbfolge. § 708 ABGB bestimmt unter Verweis auf § 613 ABGB, dass dem auflösend bedingten Erben gegen den, der die Erbschaft mit dem Eintritt der Bedingung erhalten soll, die gleichen Rechte und Verbindlichkeiten zukommen sollen wie dem fideikommissarischen Substituten.
Wird der Erbe unter einer auflösenden Bedingung berufen, so ist er Vorerbe, während die gesetzlichen Erben des Erblassers Nacherben werden. Die gesetzlichen Erben haben bloß ein suspensiv bedingtes Recht und müssen den Bedingungseintritt erleben. Sind sie früher weggefallen, werden jene Personen Nacherben, die im Zeitpunkt des Bedingungseintritts gesetzliche Erben des Testators wären.
Substitutionen und Anordnungen, die ihnen nach §§ 707 bis 709 ABGB gleichzuhalten sind, waren nach § 158 Abs 1 AußStrG 1854 in den öffentlichen Büchern einzutragen. In der Praxis findet sich dazu auch die Einverleibung des Eigentumsrechts des Vorerben mit der Beschränkung durch die Substitution zu Gunsten des Nacherben. Diese Art der Eintragung bewirkt die Sicherung der Rechtsstellung des Nacherben (oder des zur Nacherbschaft berufenen Personenkreises) in Bezug auf das Substitutionsgut.
Der Revisionsrekurswerberin ist zuzubilligen, dass in der Literatur mit guten Gründen die Meinung vertreten wird, dass jene Vorschriften, die eine Einschränkung der fideikommissarischen Substitution anordnen, um eine zu lange Bindung des erblasserischen Vermögens zu verhindern (insb § 612 ABGB), nicht durch Bedingungen und Befristungen umgangen werden können. Daraus folgt aber allenfalls, dass die Bedingung und mit ihr die fideikommissarische Bindung erlischt, wenn keine Nacherben mehr vorhanden sind, die innerhalb der Schranken des § 612 ABGB den Nachlass noch erwerben könnten.
(Darauf muss hier aber nicht näher eingegangen werden, weil selbst der von der Revisionsrekurswerberin angenommene Verstoß gegen § 612 ABGB die im händischen Grundbuch eingetragen gewesene Beschränkung des Eigentumsrechts ihrem Inhalt nach nicht zu einer solchen macht, die nach dem Gesetz nicht Gegenstand einer grundbücherlichen Eintragung sein konnte. Gegen abstrakt zulässige Eintragungen bietet § 130 GBG aber keine Handhabe.)