10.06.2013 Zivilrecht

OGH: Zur Unzumutbarkeit der Übernahme der Sachwalterschaft durch Rechtsanwalt iSd § 274 Abs 2 ABGB

Es bildet keine vom OGH im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht die Entfernung der Kanzlei vom Wohnort des Betroffenen von 21 km sowie den ins Treffen geführten Umstand, dass keine Entschädigung für die Sachwaltertätigkeit zu erwarten sei, nicht als berücksichtigungswürdiges Argument erkannte


Schlagworte: Sachwalterschaftsrecht, Bestellung, Unzumutbarkeit, Rechtsanwalt, Notar, Wegstrecke
Gesetze:

§ 274 ABGB, § 279 ABGB, Art 4 EMRK

GZ 4 Ob 60/13x, 23.05.2013

 

OGH: Der OGH hat sich bereits in mehreren Entscheidungen mit der (auch) vom Revisionsrekurswerber bestrittenen Verfassungskonformität jener Regelungen auseinandergesetzt und sie bejaht, die für Rechtsanwälte und Notare die Möglichkeit einer Ablehnung der Übernahme einer Sachwalterschaft beschränken. Dass die grundsätzliche Pflicht zur Übernahme einer Sachwalterschaft keine Zwangs- oder Pflichtarbeit für Rechtsanwälte und Notare iSd Art 4 Abs 2 EMRK ist, haben VfGH und EGMR ebenfalls bereits entschieden.

 

Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 274 Abs 2 ABGB müssen Rechtsanwälte Sachwalterschaften grundsätzlich übernehmen. Ablehnungsgründe sind in erster Instanz konkret geltend zu machen. Behauptungen über eine nicht näher konkretisierte Arbeitsbelastung reichen nicht.

 

Ob die im Einzelfall vorgetragenen Argumente des Rechtsanwalts, welche seiner Ansicht nach die Übernahme der konkreten Sachwalterschaft unzumutbar machen, im Einzelfall gerechtfertigt sind, wirft grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage nach § 62 Abs 1 AußStrG auf. Es bildet keine vom OGH im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht die Entfernung der Kanzlei vom Wohnort des Betroffenen von 21 km sowie den ins Treffen geführten Umstand, dass keine Entschädigung für die Sachwaltertätigkeit zu erwarten sei, nicht als berücksichtigungswürdiges Argument erkannte. Dass keine Tätigkeiten absehbar seien, welche juristischer Betreuung bedürften, ist im Hinblick auf den für den Betroffenen abzuschließenden Heimvertrag, die allfällige Vertretung iZm der Zustimmung zu medizinischen Heilbehandlungen und der Vermögensverwaltung sowie dem in naher Zukunft absehbaren Verlassenschaftsverfahren (hochbetagte schwerkranke Mutter) nicht nachvollziehbar.