12.06.2013 Verfahrensrecht

VwGH: Vorschreibung von Barauslagen nach § 76 AVG

§ 76 Abs 2 letzter Satz AVG kann sich nur mehr auf Barauslagen für "von Amts wegen angeordnete Amtshandlungen" beziehen, die nicht iSd § 76 Abs 1 erster Satz AVG auf Grund eines Antrages angeordnet wurden; § 76 Abs 2 AVG ist dann nicht anwendbar, wenn die Tragung der der Behörde erwachsenen Barauslagen durch eine Sondervorschrift geregelt ist; eine solche Sonderregelung findet sich in Ansehung von Barauslagen, die durch die (Vorbereitung einer) Ersatzvornahme entstanden sind, in den §§ 11 und 3 VVG.


Schlagworte: Kosten, Vorschreibung von Barauslagen, von Amts wegen
Gesetze:

§ 76 AVG, § 11 VVG, § 3 VVG

GZ 2011/04/0048, 09.04.2013

 

VwGH: Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat gem § 76 Abs 1 erster Satz AVG dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat.

 

Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind gem § 76 Abs 2 erster Satz AVG die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen gem § 76 Abs 2 zweiter Satz AVG den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

 

§ 76 Abs 1 und 2 jeweils erster Satz AVG erfassen alle Amtshandlungen, die notwendige Voraussetzung für die Entscheidung über den verfahrenseinleitenden Antrag sind, und zwar unabhängig davon, ob der Antragsteller (oder ein anderer Beteiligter) die kostenverursachende Amtshandlung ausdrücklich beantragt hat.

 

§ 76 Abs 2 letzter Satz AVG kann sich daher nur mehr auf Barauslagen für "von Amts wegen angeordnete Amtshandlungen" beziehen, die nicht iSd § 76 Abs 1 erster Satz AVG auf Grund eines Antrages angeordnet wurden.

 

Im Beschwerdefall stützte die belBeh den angefochtenen Bescheid auf die Auffassung, aus § 49 Abs 1 zweiter Satz ForstG iVm § 76 Abs 1 erster Satz AVG ergebe sich, dass die Bf als Antragstellerin zu qualifizieren und daher verschuldensunabhängig zur Kostentragung verpflichtet sei.

 

Die Beschwerde bringt dagegen vor, § 76 AVG regle Fälle der Kostentragung während eines anhängigen Verwaltungsverfahrens. Das "gegenständliche Betriebsanlagengenehmigungsverfahren" sei aber mit Bescheid der Berghauptmannschaft vom 28. Dezember 1998 bereits abgeschlossen, sodass eine Rechtsgrundlage iSd § 76 AVG nicht gegeben sei.

 

Wenn auch diese Auffassung der Beschwerde in ihrer Allgemeinheit unzutreffend ist, zeigt sie doch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

 

Die Auffassung der belBeh, die Bf sei im Hinblick auf § 49 Abs 1 zweiter Satz ForstG iVm § 76 Abs. 1 erster Satz AVG als Antragstellerin zu qualifizieren, kann nur dahingehend verstanden werden, dass die belBeh meint, aus der Antragstellung der Bf, die zu dem rechtskräftigen Bewilligungsbescheid der Berghauptmannschaft Klagenfurt vom 28. Dezember 1998 geführt habe (vgl zur Antragsbedürftigkeit einer derartigen Bewilligung § 146 Abs 1 zweiter Satz BergG), ergebe sich, dass die Bf nach § 76 Abs 1 erster Satz AVG verschuldensunabhängig zum Ersatz der vorliegenden Barauslagen verpflichtet sei.

 

Jedoch ist das durch Antrag der Bf eingeleitete bergrechtliche Verfahren - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - bereits durch den (rechtskräftigen) Bewilligungsbescheid der Berghauptmannschaft Klagenfurt vom 28. Dezember 1998 abgeschlossen worden. Es ist auch offenkundig, dass die vorliegenden Barauslagen nicht durch das bergrechtliche Bewilligungsverfahren verursacht wurden, sondern eine Beweissicherung betreffen, wie sie der Bf mit Auflage 5 im genannten, das Verfahren abschließenden Bescheid vom 28. Dezember 1998 vorgeschrieben wurde.

 

Weiters steht (nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides) fest, dass die durchgeführte Beweissicherung, welche für die angefallenen Barauslagen ursächlich war, von Amts wegen durchgeführt wurde, wobei nach dem angefochtenen Bescheid unklar bleibt, welcher Behörde letztlich diese amtswegige Beweissicherung zuzurechnen ist und auf Grund welcher Rechtsgrundlage diese Beweissicherung erfolgte. Fest steht lediglich, dass die durchgeführte Beweissicherung der Erfüllung der genannten Auflage 5 des Bescheides vom 28. Dezember 1998 diente, weil - so der angefochtene Bescheid - die Bf nichts unternahm, um dem Auflagenpunkt von sich aus nachzukommen.

 

Es wäre daher festzustellen gewesen, auf welcher Rechtsgrundlage und durch welche Behörde die durch Auflage 5 des genannten Bescheides vom 28. Dezember 1998 der Bf vorgeschriebene forstliche Beweissicherung durchgeführt wurde.

 

Dabei ist insbesondere auf § 178 MinroG hinzuweisen: Nach dieser Bestimmung hat die Behörde dem Bergbauberechtigten, Fremdunternehmer oder Verwalter aufzutragen, den vorschriftswidrigen Zustand binnen angemessener Frist zu beheben, wenn im § 174 Abs 1 MinroG angeführte Rechtsvorschriften außer Acht gelassen werden. Nach § 174 Abs 1 MinroG haben die Behörden die Einhaltung dieses Bundesgesetzes, der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen und der sonstigen von den Behörden anzuwendenden Rechtsvorschriften sowie der darauf beruhenden Anordnungen zu überwachen. Wird dem Auftrag nach § 178 Abs 1 MinroG nur unvollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen, so gilt gem dem letzten Satz dieser Bestimmung das VVG mit der Maßgabe, dass als Vollstreckungsbehörde die Bezirksverwaltungsbehörde einzuschreiten hat.

 

Hinzuweisen ist auch darauf, dass § 76 Abs 2 AVG nach der Rsp des VwGH dann nicht anwendbar ist, wenn die Tragung der der Behörde erwachsenen Barauslagen durch eine Sondervorschrift geregelt ist. Eine solche Sonderregelung findet sich in Ansehung von Barauslagen, die durch die (Vorbereitung einer) Ersatzvornahme entstanden sind, in den §§ 11 und 3 VVG.

 

Da die belBeh auf Grund ihrer unzutreffenden Rechtsansicht derartige Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht getroffen hat, war dieser wegen der primär aufzugreifenden Rechtwidrigkeit seines Inhaltes gem § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.