VwGH: Verknüpfung zwischen Vergabeverfahren und kraftfahrrechtlichem Konzessionsverfahren
Ein Vergabeverfahren ist nur zulässig, wenn subjektiv die Absicht und objektiv zumindest die Möglichkeit besteht, den Auftrag auch zu vergeben; schließt der kraftfahrrechtliche Konkurrenzschutz des derzeitigen Konzessionsinhabers nicht aus, dass ein Mitbewerber eine entsprechende Kraftfahrlinienkonzession erhalten kann, so schließt ein solcher „lückenhafter“ Konkurrenzschutz die Möglichkeit, den Auftrag zu vergeben, nicht aus
§ 19 BVergG 2006, Art 1 ff PSO-Verordnung, § 3 ÖPNRV-G, § 23 KflG
GZ 2011/04/0042, 09.04.2013
VwGH: Die Bf behauptet die Unzulässigkeit der vorliegenden Ausschreibung. Sie beruft sich dabei jedoch nicht auf eine im BVergG 2006 normierte Ausnahme vom Geltungsbereich dieses Gesetzes, sondern stützt ihre Auffassung auf § 19 Abs 4 BVergG 2006 iVm einem - von der Bf behaupteten - Konkurrenzschutz nach dem KflG.
§ 19 Abs 4 BVergG 2006 beinhaltet somit ein subjektives und ein objektives Element. Zunächst muss (subjektiv) die Absicht des Auftraggebers vorliegen, den ausgeschriebenen Auftrag auch tatsächlich zu vergeben. Eine Ausschreibung etwa zur Erkundung der Marktverhältnisse ist (wie die Materialien anführen) unzulässig. Darüber hinaus muss (objektiv) der Auftraggeber rechtlich und wirtschaftlich in der Lage sein, den ausgeschriebenen Vertrag tatsächlich abzuschließen und durchzuführen. Dies setzt neben den in den Materialien genannten personellen und finanziellen Ressourcen zur Abwicklung des Vergabeverfahrens die interne und externe Befugnis der vergebenden Stelle zum Abschluss des betreffenden Vertrags voraus.
Die Bf behauptet eine Unzulässigkeit nach § 19 Abs 4 BVergG 2006 im Hinblick auf den - ihrer Auffassung nach - durch die Ausschreibung erfolgten Eingriff in bestehende Konzessionen der Bf nach dem KflG.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Verknüpfung der Konzessionsvergabe mit einem Vergabeverfahren von der tatsächlichen Frage abhängig gemacht werden muss, ob die zu erbringenden Verkehrsdienstleistungen (iSd § 3 ÖPNRV-G bzw des § 23 KflG) eigen- oder gemeinwirtschaftlich erbracht werden können. Weiters muss bei unionsrechtskonformer Auslegung und Berücksichtigung der VO 1370/2007 den Mitgliedstaaten die Möglichkeit bleiben, die Gewährung von Ausgleichsleistungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Rahmen eines Dienstleistungsauftrages nach unionsrechtlichem Vergaberecht zu vergeben. Fallbezogen tritt hinzu, dass mit dem Beschwerdevorbringen, die Anträge der Bf auf Wiedererteilung der Konzessionen wiesen hohe Erfolgsaussichten auf, auch nicht dargetan wird, dass die Erteilung der Konzession an den Bestbieter der vorliegenden Ausschreibung ausgeschlossen wäre.
Vor diesem Hintergrund steht im Beschwerdefall nicht bereits von vornherein außer Zweifel, dass die Auftraggeberin rechtlich und wirtschaftlich nicht in der Lage sein wird, die ausgeschriebene Dienstleistung zu vergeben. Der vorliegenden Ausschreibung steht daher das Hindernis des § 19 Abs 4 BVergG 2006 nicht entgegen.