OGH: Vorteilsanrechnung im Schadenersatzrecht
Der anzurechnende Vorteil hat ebenso wie der entsprechend zu kürzende Schadenersatzanspruch äquivalent-kausal und nach dem Grundsatz der Korrespondenz oder Kongruenz von Vor- und Nachteilen sachlich und zeitlich kongruent zu sein
§§ 1295 ff ABGB
GZ 7 Ob 174/12g, 19.12.2012
Die Arbeitsbühne der Klägerin hatte einen Totalschaden. Im Schadenersatzprozess wandte die Beklagte ua ein, auf Grund des Schadens hatte die Klägerin der Nebenintervenientin ein Ersatzfahrzeug vermietet und verkauft. Die Klägerin müsse sich den dadurch erlangten Gewinn als Vorteilsausgleich anrechnen lassen.
OGH: Nach hA hat die Anrechnung eines Vorteils dem Zweck des Schadenersatzes zu entsprechen und soll nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führen. Es ist also nicht schlechthin jeder Vorteil anzurechnen, der dem Geschädigten aus dem vom Schädiger verursachten Ereignis zufließt, sondern es kommt auf die ganz besondere Art des erlangten Vorteils und den Zweck der Leistung des Dritten an.
Die Klägerin müsste sich unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen, was sie sich durch Nichterbringung ihrer eigenen Leistung erspart hat; so etwa die Zahlung von Kapitalbeschaffungsgebühren, Zinsen und Spesen für den aufzunehmenden Kredit, weiters jenen Vorteil, der sich aus der zinsbringenden Anlegung eines rücküberwiesenen Betrags ergibt. Voraussetzung für eine Vorteilsausgleichung ist die Kausalität des haftbar machenden Ereignisses für den Nachteil und einen entstandenen Vorteil.
Ein Vorteil ist die für den Geschädigten günstige Veränderung, die sich beim Vergleich der Lage nach vollzogener, allein die nachteiligen Veränderungen erfassender Ersatzleistung mit der Lage, wie sie ohne das schädigende Ereignis bestünde, ergibt. Ein durch den zum Ersatz verpflichtenden Umstand bedingter Vorteil ist auszugleichen, wenn er eine Förderung des verletzten Rechtsgutes oder der verletzten Vertragspflicht bedeutet; in Betracht kommt allerdings nur die Berücksichtigung von Vorteilen gegenüber sachlich und zeitlich kongruenten Schadenersatzansprüchen.
Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin hier gar keinen solchen (unmittelbaren) Vorteil durch Zuwendung eines Dritten, um den Schaden zu mildern, erlangt: Erzielt hat sie vielmehr einen Gewinn auf Grund eigener vertraglicher Vereinbarungen und von ihr erbrachter Gegenleistungen. Die Beurteilung, dass der Gewinn aus der Vermietung und dem Verkauf von Ersatzgeräten keinen „Vorteil“ darstellt, der auszugleichen wäre, ist daher - schon im Hinblick auf die zu verneinende Kongruenz - nicht zu beanstanden.