OGH: Zur Auslegung der LHB, ob der Versicherungsschutz auch Schäden von Flugschülern gegen Fluglehrer erfasst
Der Versicherungsschutz erfasst nicht Schäden im Rahmen der Flugausbildung, weil sich Flugschüler zum Zweck der Ausbildung, nicht zum Zweck der Beförderung im Flugzeug befinden; sie führen oder bedienen das Flugzeug selbst, sind also keine Passagiere; nach § 1 Z 3.2 LHB ist auch das Haftpflichtrisiko aus der Inanspruchnahme durch die eigenen Piloten oder durch sonstige Crew-Mitglieder nicht versichert
§ 1 LHB, § 1 Z 1 LHB, § 1 Z 3.1 LHB, § 1 Z 3.2 LHB, § 1 Z 3 LHB, § 164 Abs 2 LFG, § 125 LFG, § 52 Abs 1 LFG
GZ 7 Ob 232/12m, 23.01.2013
OGH: Für die Beurteilung, ob Schäden der Flugschülerin von der Haftpflichtversicherung erfasst sind, kommt es speziell auf die Auslegung des § 1 LHB („Gegenstand der Versicherung“) an. Darin erfolgt die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos durch die primäre Risikoabgrenzung, wozu va die Beschreibung des Versicherungsfalls und die Festlegung, welche Interessen gegen welche Gefahren versichert sind, gehört.
Nach § 1 Z 1 LHB bietet der Versicherer Versicherungsschutz, wenn der Versicherungsnehmer (hier: Verein) wegen eines eingetretenen Schadenereignisses von einem Dritten auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines Personen- oder Sachschadens auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird. Als gesetzliche Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts kommen alle in- und ausländischen luftrechtlichen und sonstigen deliktischen Haftungsbestimmungen in Betracht, insb das Montrealer Übereinkommen, das LFG (dLuftVG) sowie die allgemeinen Schadenersatzbestimmungen des bürgerlichen Rechts. Der Begriff „Dritter“ wird in den LHB nicht definiert. Jedoch erfolgt dessen Konkretisierung durch die in § 1 Z 3 LHB genannten versicherten Risiken.
Da sich die Flugschülerin im Segelflugzeug befand, macht sie keinen Schadenersatzanspruch geltend, der dem in § 1 Z 3.1 umschriebenen Risiko entspricht.
Auch nach § 1 Z 3.2 LHB ist das Haftpflichtrisiko aus der Inanspruchnahme durch die eigenen Piloten oder durch sonstige Crew-Mitglieder nicht versichert.
Die Flugschülerin wurde - anders als ein Passagier - beim Schulflug nicht „mitgenommen“, sondern bediente im Rahmen ihrer Ausbildung das Steuer des Segelflugzeugs. Damit scheidet aber mangels Beförderung oder Mitnahme die Deckungspflicht für einen Haftpflichtanspruch der Flugschülerin nach § 1 Z 3.2 LHB aus.
Mangels Eigenschaft als Fluggast besteht der Flugschülerin gegenüber daher weder nach der Verordnung (EG) Nr 785/2004 noch nach § 164 Abs 2 LFG eine Versicherungspflicht. Daran ändert auch nichts, dass gem § 52 Abs 1 LFG Übungs- und Prüfungsflüge im Rahmen der praktischen Ausbildung zum Zivilluftfahrer unter unmittelbarer Aufsicht und Anleitung eines dazu berechtigten Zivilfluglehrers (hier: Kläger) durchzuführen sind und dieser als verantwortlicher Pilot gem § 125 LFG gilt. Die Flugschülerin nahm am Schulflug jedenfalls nicht als Fluggast teil, sondern steuerte das Segelflugzeug selbst.