OGH: § 180 ABGB nF – Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung
Das Gericht hat, sofern dies dem Wohl des Kindes entspricht, eine vorläufige Regelung der elterlichen Verantwortung zu treffen, wenn ein Elternteil die Übertragung der alleinigen Obsorge an ihn oder seine Beteiligung an der Obsorge beantragt; dies gilt auch für jene Fälle, in denen beide Elternteile jeweils allein obsorgeberechtigt sein wollen; scheitert die gemeinsame Obsorge an der (auch künftig) fehlenden Gesprächsbasis zwischen den Eltern, kommt in diesem Fall die Anordnung einer Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung nicht in Betracht, weil diese nach § 180 Abs 1 zweiter Satz ABGB nur bei Aufrechterhaltung der bisher bestandenen gemeinsamen Obsorge möglich wäre
§ 180 ABGB nF
GZ 1 Ob 126/13f, 18.07.2013
OGH: Die Obsorge beider Eltern gegen den Willen eines Elternteils war nach der bis 31. 1. 2013 geltenden Rechtslage (§ 1503 Abs 1 ABGB) ausgeschlossen. Diese wurde durch das Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 (KindNamRÄG 2013, BGBl I 2013/15), grundlegend geändert. Nunmehr hat das Gericht, sofern dies dem Wohl des Kindes entspricht, eine vorläufige Regelung der elterlichen Verantwortung (Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung) zu treffen, wenn ein Elternteil die Übertragung der alleinigen Obsorge an ihn oder seine Beteiligung an der Obsorge beantragt (§ 180 Abs 1 Satz 1 Z 2 ABGB). Dies gilt auch für jene Fälle, in denen beide Elternteile jeweils allein obsorgeberechtigt sein wollen.
Die Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung besteht darin, dass das Gericht einem mit der Obsorge betrauten Elternteil unter Aufrechterhaltung der bisherigen Obsorgeregelung für einen Zeitraum von sechs Monaten die hauptsächliche Betreuung des Kindes in seinem Haushalt aufträgt und dem anderen ein derart ausreichendes Kontaktrecht einräumt, dass er auch die Pflege und Erziehung des Kindes wahrnehmen kann. Für diesen Zeitraum sind im Einvernehmen der Eltern oder auf gerichtliche Anordnung die Details des Kontaktrechts, der Pflege und Erziehung sowie der Unterhaltsleistung festzulegen (§ 180 Abs 1 Satz 2 und 3 ABGB idF KindNamRÄG 2013).
Das Gericht hat von Amts wegen zu beurteilen, ob es eine Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung (§ 180 Abs 1 ABGB idF KindNamRÄG 2013) einleitet oder ohne diese endgültig über die Obsorge und den Elternteil, in dessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut werden soll, entscheidet. Scheitert hier die gemeinsame Obsorge an der (auch künftig) fehlenden Gesprächsbasis zwischen den Eltern, kommt in diesem Fall die Anordnung einer Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung nicht in Betracht, weil diese nach § 180 Abs 1 zweiter Satz ABGB nur bei Aufrechterhaltung der bisher bestandenen gemeinsamen Obsorge möglich wäre.