08.05.2008 Wirtschaftsrecht

OGH: Keine ausschließliche Zuständigkeit des HG Wien als Gemeinschaftsmarkengericht für die Erlassung einstweiliger Verfügungen bei Erhebung der Hauptsacheklage bei unzuständigem Gericht

Die ausschließliche Zuständigkeit des HG Wien als Gemeinschaftsmarkengericht für die Erlassung einstweiliger Verfügungen besteht wegen des Vorrangs von § 387 Abs 1 EO ausnahmsweise nicht, wenn die Klage bereits bei einem anderen - wenngleich unzuständigen - inländischen Gericht erhoben wurde


Schlagworte: Provisorialverfahren, Zuständigkeit, Gemeinschaftsmarke
Gesetze:

§ 387 EO, § 69d MSchG

GZ 17 Ob 22/07w, 11.12.2007

Bei dem Gericht, bei dem unzutreffend auch die Hauptsacheklage eingebracht wurde, wird ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Maßnahme gestellt.

OGH: § 69d Abs 1 Satz 2 MSchG ordnet für Rechtssachen, in denen das Gemeinschaftsmarkengericht für Klagen zuständig ist, dessen ausschließliche Zuständigkeit auch für Sicherungsverfahren an. Fraglich ist, wie sich diese Regelung zur allgemeinen Bestimmung des § 387 Abs 1 EO verhält, wonach das Gericht, bei dem ein Verfahren in der Hauptsache anhängig ist, auch für die Bewilligung und den Vollzug einer einstweiligen Verfügung zuständig ist. Im Allgemeinen wird es insofern zwar keine Probleme geben, da auch ein Hauptsacheverfahren nur beim HG Wien anhängig sein dürfte. Wenn jedoch die Klage beim falschen Gericht eingebracht wird, führen die Bestimmungen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Wäre das Erstgericht unzuständig, müsste der OGH zwar das Rechtsmittel in der Sache erledigen, das Sicherungsverfahren dann aber an das Handelsgericht Wien überweisen. Nach Auffassung des Senats zieht § 387 Abs 1 EO vor: Sein Zweck ist nicht nur die einheitliche Beurteilung von Haupt- und Sicherungsverfahren, sondern auch die rasche und nicht von Zuständigkeitsstreitigkeiten in der Hauptsache belastete Erledigung des Sicherungsantrags. Die danach begründete Zuständigkeit wird daher weder durch eine in der Hauptsache erhobene Unzuständigkeitseinrede noch durch eine spätere Klagszurückweisung beseitigt. Gegenüber dieser Erwägung hat das Interesse an der Entscheidung des nach der Wertung des § 69d Abs 1 MSchG "besseren" Gerichts zurückzutreten.

Aufgrund dieser Erwägungen ist die angefochtene Entscheidung in der Sache zu beurteilen, ohne dass das weitere Sicherungsverfahren an das HG Wien zu überweisen wäre.